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Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit einer Potenzialabschätzung für den Einsatz von Sammelverkehren mit autonomen Fahrzeugen im ländlichen Raum. Die Ergebnisse bieten einen guten Einblick in die Machbarkeit sowie das Bündelungspotenzial für die Planung und die Umsetzung von flexiblen, kleinteiligen Sammelverkehren.
Aktuelle demografische und gesellschaftliche Entwicklungen stellen den liniengebundenen ÖPNV vor allem im ländlichen Raum vor große Herausforderungen. Die Auswirkungen des demografischen Wandels zeigen sich inzwischen jedoch nicht mehr nur in ländlichen Räumen, sondern zunehmend auch in Randbereichen von Ballungsräumen. Besonders sinkende Schülerzahlen haben dort Auswirkungen auf den ÖPNV, da Schüler derzeit die Hauptnutzergruppe darstellen. Hinzu kommt ein Rückgang der Fahrgäste durch sinkende Bevölkerungszahlen. Für die Verkehrsbetriebe wird damit die wirtschaftliche Basis für das Vorhalten öffentlicher Verkehre immer weiter geschwächt.
Damit es auch in Zukunft möglich ist, im ländlichen Raum ohne eigenen Pkw mobil zu sein, können neue Lösungswege beschritten werden, die sich durch die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik und die Automatisierung eröffnen.
In dieser Arbeit wird das Beförderungspotenzial von Sammelverkehren im ländlichen Raum als Ersatz des klassischen ÖPNVs untersucht. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf dem Einsatz autonomer Fahrzeuge.
Der Fokus der Arbeit liegt auf der Frage der Umsetzbarkeit und des Potenzials, Fahrten im ländlichen Raum zu bündeln. Dabei möchte die Arbeit nicht nur herausstellen, ob Bündelungspotenzial vorhanden ist, sondern vor allem auch, wie sich verschiedene Parameter der Bedienung auf das Bündelungspotenzial auswirken.
Die Untersuchung wird mit Hilfe eines für diesen Zweck neu erstellten, agentenbasierten Modells durchgeführt. Die Daten für das Modell basieren auf einer Befragung der Bewohner eines realen ländlichen Raums zu ihrem Mobilitätsverhalten. Unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und verschiedener Trends, die zukünftig das Leben und das Mobilitätsverhalten im ländlichen Raum beeinflussen, wird zusätzlich zum Status Quo als Prognosehorizont das Jahr 2030 gewählt.
Die Grundlage der Prognose bildet eine Betrachtung des ländlichen Raums. Fünf gesellschaftliche Megatrends, die für die Verkehrsentwicklung und -planung von Bedeutung sind, werden herausgearbeitet. Die Auswirkungen dieser Trends auf den Mobilitätsbedarf und das Mobilitätsangebot werden daraus abgeleitet und differenziert betrachtet. So können auf Basis aktueller, bereits sichtbarer Megatrends, Rückschlüsse auf Veränderungen im zukünftigen Mobilitätsbedarf und -angebot gezogen werden. Aus den fünf Megatrends werden deshalb jeweils sechs Trends erarbeitet, um aufzuzeigen, wie sich sowohl Bedarf als auch Angebot entwickeln. Die Erkenntnisse dieser Trendanalysen fließen in die Entwicklung des Modells ein.
Die Szenarien, unterteilt in Grundszenarien (Fokus auf Zeithorizont, Nachfrageniveau und Flottengröße) und Ergänzungsszenarien (Betrachtung einzelner Parameter und deren Auswirkungen auf die Ergebnisse), werden im erstellten Modell simuliert und anschließend ausgewertet. Die Ergebnisse der Simulationsläufe sind übersichtlich zusammengefasst und mit weiteren Analysen zu den Fahrzeugflottenkosten ergänzt.
Als grundlegendes und wichtigstes Ergebnis kann festgehalten werden, dass Sammelverkehr mit autonomen Fahrzeugen im ländlichen Raum als Ersatz des klassischen ÖPNV wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar sein kann.
In einem Landkreis mit knapp 70.000 Einwohnern und etwa 43.000 zugelassenen Fahrzeugen in 2012 würden heute schon 2.100 autonome Fahrzeuge ausreichen, um einen zuverlässigen Sammelverkehr umzusetzen, der alle Wege außerhalb der eigenen Kommune abdeckt. Jedes Fahrzeug könnte eine durchschnittliche Jahresfahrleistung von 108.000 km bis 150.000 km pro Jahr erreichen, wobei es etwa 40 Passagiere pro Tag transportieren würde. Durch die Bündelung von Fahrten könnten bei den Fahrgästen, in einem kilometerbasierten Tarif, je nach Nachfrageniveau zwischen 130 % und knapp 200 % der real gefahrenen Kilometerleistung abgerechnet werden.
Zusätzlich erscheint es sinnvoll, verschiedene Fahrzeuggrößen in einer Fahrzeugflotte zu vereinen. Allerdings sollten größere Fahrzeuge (hier 8-Sitzer) nur auf stark frequentierten Verbindungen eingesetzt werden und maximal 20 % der Fahrzeuge ausmachen. Der Mittlere Besetzungsgrad beim Einsatz von 4-sitzigen Fahrzeugen liegt bei 2 Personen pro Fahrzeug. In den Spitzenzeiten kann der Besetzungsgrad beim Einsatz von 8-sitzigen Fahrzeugen im Durchschnitt bis über 3,5 Personen pro Fahrzeug ansteigen.
Als zusammenfassendes Ergebnis ist festzuhalten: ÖPNV im ländlichen Raum kann mittel- bis langfristig ersetzt werden durch autonome alternative Angebote zu einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand. |
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This dissertation explores the potential to establish ride pooling with autonomous vehicles in rural areas. The results deliver insights into feasibility and pooling potential for planning and implementation of flexible ride pooling with small vehicles.
Current demographic and societal changes pose major challenges to classical public transport in rural areas. The effects of demographic change do not only show in rural areas but meanwhile as well in the outskirts of urban agglomerations. A declining number of students leave their impacts on public transport, as well. They are the major revenue source in rural areas. Declining ridership through a declining population will impact public transport as well. Transport operators are facing an ever-weakening economic foundation.
New developments in communication technologies and automatization lead towards new approaches for enabling mobility without a privately-owned vehicle.
In this dissertation, the potential of replacing classical public transport in rural areas with ride pooling is explored, focusing on the utilisation of autonomous vehicles. The focus is on the feasibility of implementation and the theoretical potential of pooling rides in rural areas. Next to pooling potential, effects of different parameters are highlighted.
For this, an agent based model specially built for this purpose is used. The basis for the demand in an existing rural area is a detailed household survey. Taking into consideration demographic change, trends influencing life and mobility in rural areas until 2030 are established.
Five societal megatrends influencing transport planning and operation form the basis. These megatrends lead to six trends affecting mobility demand and supply. These findings lead to decisions for the implementation of the developed model.
Different scenarios, divided into base scenarios (focus on time horizon, level of demand and fleet size) and additional scenarios (considering changes in single parameters and their impacts) are simulated and analysed. The results are summarised in 25 findings.
The main finding is that ride pooling with autonomous vehicles in rural areas replacing classic public transport can be economically feasible.
In a rural area with 70,000 inhabitants and 43,000 registered vehicles in 2012, today 2,100 autonomous vehicles could cover all trip requests, between municipalities. The vehicles would drive between 108,000 and 150,000 kilometres per year and transport on average 40 passengers a day. Depending on demand levels, pooling rides can lead towards the possibility to bill customers 130 % up to almost 200 % of vehicle kilometres travelled.
It is reasonable to mix different vehicles sizes in the fleet. However larger vehicles (8-seater) should only make up 20 % of all vehicles and should be utilised on frequently requested connections. The rate of occupation in 4-seated vehicles averages in 2 people per vehicle. In peak hours introducing 8-seated vehicles, the rate of occupation can average in 3.5 people per vehicle.
To summarise the findings: today's public transport can be replaced through the implementation of alternative, flexible, economically sound mobility options with autonomous vehicles in the medium-to-long term. | English |
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