Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Mechanismen zu verstehen, die die Koexistenz einer Vielzahl an Hornmilbenarten (Oribatida, Acari) ermöglichen, die ohne deutliche Nischendifferenzierung im Boden leben. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich in zwei Nahrungswahlexperimenten, einer stabilen Isotopenanalyse (15N) und zwei Freilandexperimenten drei Mechanismen untersucht, die die hohe Diversität von Hornmilben erklären könnten: trophische Einnischung, Störung und Nahrungsmenge bzw. -qualität. Bodenmikroarthropoden, wie zum Beispiel Springschwänze und Hornmilben, fressen bevorzugt an dunkel pigmentierten Pilzen (‚Dematiacea’). In einem Nahrungswahlversuch habe ich die Nahrungspräferenzen von zehn Hornmilben für acht ‚Dematiacea’ untersucht. Die untersuchten Hornmilbenarten fraßen zwar signifikant unterschiedlich an den jeweiligen Pilzarten, generell bevorzugten sie jedoch alle die gleichen Pilze (Alternaria alternata und Ulocladium sp.). Hornmilben sind also hinsichtlich der Nahrungsresource ‚Dematiacea’ nur schwach eingenischt. Diese geringe Einnischung kann jedoch zumindest einen Teil der hohen Diversität der Hornmilben erklären. Mykorrhizapilze erreichen im Waldboden hohe Dichten und stellen eine potenzielle Nahrungsresource für Hornmilben dar. Daher habe ich in einem Nahrungswahlexperiment drei Hornmilbenarten sechs Ektomykorrhizapilze und einen ericoiden Mykorrhizapilz als Nahrung angeboten. Die untersuchten Hornmilbenarten unterschieden sich signifikant in ihren Nahrungspräferenzen, allgemein bevorzugten sie jedoch zwei Mykorrhizapilze, Hymenoscyphus ericae und Boletus badius. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass es trophische Einnischung innerhalb der Hornmilben gibt. Diese ist jedoch hinsichtlich der Mykorrhizapilze nicht deutlich genug, um die hohe Anzahl koexistierender Hornmilbenarten zu erklären. Die trophische Nischendifferenzierung von 36 Hornmilbenarten/-taxa aus vier Wäldern wurde mit Hilfe der Analyse der natürlichen Variation des stabilen Stickstoffisotops (15N) untersucht. Die untersuchten Hornmilbenarten ließen sich in vier trophische Gruppen einteilen. Dabei bildeten sie einen Gradienten von Pflanzenfressern über Primär- und Sekundärzersetzer bis hin zu Räubern und Aasfressern. Diese überraschend großen Unterschiede in den 15N-Werten unterstützen die Befunde der trophischen Einnischung von Hornmilben der Laborversuche. Die Ergebnisse dieser Analyse deuten stark darauf hin, dass Nischendifferenzierung hinsichtlich der Nahrung eine wichtige Rolle für die Koexistenz von Hornmilben und damit für die Diversität dieser Tiergruppe spielt. Die ‚intermediate disturbance hypothesis’ besagt, dass die Diversität von Pflanzen und Tieren bei mittlerer Störungsintensität am höchsten ist. Daher habe ich die Auswirkung von drei Störungsintensitäten (einmalige Störung, Störung alle zwei Monate und Störung alle zwei Wochen) auf die Diversität und Dichte von Hornmilben untersucht. Dabei nahm ich an, dass die Artenzahl in den Behandlungen mit mittlerer Störungsintensität (Störung alle zwei Monate) am höchsten ist. Im Gegensatz zu dieser Annahme nahm die Diversität der Hornmilben in allen drei Störungsbehandlungen ab. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass nahezu alle Hornmilbenarten empfindlich gegenüber Störungen sind, und dass die ‚intermediate disturbance hypothesis’ nicht auf Hornmilben anwendbar ist. Allgemein kann man sagen, dass die Diversität von Hornmilben nicht von Störungen profitiert. Der Einfluss der temporären Erhöhung der Verfügbarkeit von Nahrung unterschiedlicher Qualität (Holz, Glukose & Stickstoff & Phosphor (CNP), Tierfutter, Weizenkleie) auf Hornmilben wurde in einem Freilandexperiment im Solling (Deutschland) untersucht. Ich nahm an, dass die Diversität der Hornmilben mit der Nahrungsquantität und –qualität ansteigt. Die Ergebnisse dieses Experimentes konnten diese Hypothese jedoch nicht bestätigen, da die Artenzahl der Hornmilben sich nicht zwischen den Behandlungen mit erhöhter Ressourcenqualität bzw. -quantität und der Kontrolle unterschied. Die Dichte der Hornmilben war jedoch in der CNP-Behandlung im Vergleich zur Tierfutter-Behandlung leicht erhöht. Dies ist jedoch eher ein indirekter Effekt, der aus der Abnahme der Regenwurmdichte in der CNP-Behandlung resultiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hornmilbengemeinschaften nicht durch die Nahrungsmenge oder –qualität limitiert sind, sondern eher durch die Grab-Aktivitäten von Regenwürmern. Die Menge und Qualität von Ressourcen trägt daher nicht zur hohen Diversität von Hornmilben bei. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit darauf hin, dass die Koexistenz der Vielzahl an Hornmilbenarten im Boden nicht von dem Auftreten von Störungen mittlerer Intensität oder von der Nahrungsmenge abhängt, sondern sich durch die trophische Einnischung der verschiedenen Hornmilbenarten erklären lässt. Ein Vergleich der Ergebnisse der Nahrungswahlexperimente und der stabilen Isotopenanalyse zeigt, dass Hornmilben im Labor an einer Vielzahl von verschiedenen Ressourcen fressen, im Freiland jedoch unterschiedliche Nahrungsnischen besetzen. Um diese Nahrungsnischen besser zu verstehen, sind weitere Untersuchungen der Nahrungsbiologie von Hornmilben nötig. Moderne Techniken, wie z.B. die Analyse von Phospholipidfettsäuren oder die Darmanalyse mit Hilfe molekularer Methoden, können in Zukunft wesentlich zum Verständnis der trophischen Nischendifferenzierung von Hornmilben beitragen. | German |