Schwefel-Oxygenase/-Reduktasen (SORs) katalysieren die sauerstoffabhängige Disproportionierung von elementarem Schwefel zu Sulfit, Thiosulfat und Sulfid. Die SOR ist das zentrale schwefel-oxidierende Enzym in dem hyperthermophilen und chemolithoautotrophen Archaeon Acidianus ambivalens. Einzelheiten über den Reaktionsmechanismus sind trotz umfassender biochemischer und struktureller Charakterisierungen noch weitgehend unbekannt. Die Struktur-Funktionsbeziehung der SOR wird in dieser Arbeit mittels zielgerichteter Mutagenese, Metallaustausche im aktiven Zentrum, unterschiedlicher spektroskopischer Methoden und durch Röntgenstrahl-Kristallographie untersucht. Des Weiteren wird erstmalig eine SOR eines mesophilen Mikroorganismus charakterisiert.
Als eigentliches Substrat der SOR wurde anstelle eines zyklischen α-S8 Moleküls ein lineares Schwefelmolekül vermutet. Durch einen In-Gel-Enzymaktivitätstest mit der Acidianus ambivalens SOR (AaSOR) konnte gezeigt werden, dass lineares Polysulfid als Substrat genutzt werden kann. In der äußeren Hülle des kugelartigen und hohlen Enzyms befinden sich zwei unterschiedliche Arten von Kanälen, die sich jeweils an den drei- und vierfachen Rotationsachsen befinden und den Substratzugang beziehungsweise den Ausgang der Reaktionsprodukte gewährleisten. Die Poren beider Kanäle wurden mittels zielgerichteter Mutagenese vergrößert. Eine bis um das Vierfache erhöhte Enzymaktivität war die Folge. Zusätzlich änderte sich die zuvor angenommene 1:1 Stöchiometrie von oxidierten und reduzierten Produkten. Eine weitere schmale Pore innerhalb des Proteins ermöglicht den Zugang zum aktiven Zentrum, welches, in einer Tasche liegend, vom inneren Hohlraum abgetrennt ist. Die Porenöffnung wurde ebenfalls mittels Mutagenese vergrößert, was die Enzymaktivität deutlich verminderte.
Zn2+ gilt als starker SOR-Inhibitor und wurde im Vorfeld in einem blind endenden Kanal lokalisiert. Die Öffnung des Kanals befindet sich in der Nähe der Eingangspore zum aktiven Zentrum, dennoch ist dieser Kanal vom eigentlichen katalytischen Zentrum weit entfernt. Die erneute Analyse der bereits vorhandenen kristallographischen Daten zeigte, dass zwei Histidin-Reste an der Koordination von Zink beteiligt sind. Im Vergleich zum Wildtyp-Enzym zeichneten sich Alanin-Mutanten beider Histidine durch dreifach erhöhte Ki-Werte aus. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Histidin-Reste essentiell für die Ligation des Zinks sind.
Das aktive Zentrum umfasst ein Cystein-Persulfid und ein mononukleares Eisenzentrum, welches von zwei Histidinen und einem Glutamat koordiniert wird. Die Strukturdaten einer erneut kristallisierten AaSOR wiesen auf ein nicht modifiziertes Cystein an derselben Position hin, das wahrscheinlich mit Hilfe eines hitzeinduzierten Auto-Sulfurierung-Prozesses in ein Cystein-Persulfid überführt wird. Eine wichtige Rolle spielt vermutlich auch ein putatives Wasserstoffbrückennetzwerk im aktiven Zentrum. Hierzu wurden Aminosäuren mutiert, die möglicherweise in Interaktion mit den Eisen-koordinierenden Aminosäuren stehen. Der Großteil dieser konstruierten SOR-Varianten zeichnete sich durch eine leicht verringerte Enzymaktivität aus. Der Austausch eines einzelnen Glutamats (E87), das sich in Wasserstoffbrückendistanz zu einem der Eisen-bindenden Histidine befindet, resultierte jedoch in einer nahezu komplett gehemmten Enzymaktivität. Eine Aspartat-Variante (E87D) mit einer etwas niedrigeren katalytischen Aktivität wurde kristallisiert, und die Analyse der Diffraktionsdaten offenbarte eine nahezu identische Wasserstoffbrückendistanz zwischen dem Aspartat und dem Histidin. Dieses Resultat verdeutlichte die notwendige Interaktion beider Reste. Durch EPR Experimente wurde bereits gezeigt, dass das Eisenzentrum nach Schwefelinkubation bei hohen Temperaturen einen Wechsel des Redoxzustands von Fe3+ zu Fe2+ durchläuft. Einschlusskörperchen der AaSOR wurden in Anwesenheit unterschiedlicher Nichteisenmetalle zurückgefaltet, um zu untersuchen, ob der Redoxwechsel für die katalytische Funktion zwingend erforderlich ist. Zurückgefaltete Fe-, Co-, Mn- oder Ni-haltige SOR Proteine waren biochemisch aktiv. Die EPR Spektren der Co- und Mn-haltigen SOR Proteine zeigten Co2+- beziehungsweise Mn2+-typische Signale. Nach Inkubation mit Schwefel nahmen die Signalintensitäten beider Metalle ab, ohne dass sich deren Redoxzustand änderte, was für minimale Änderungen innerhalb des Metallzentrums spricht. Das Co-haltige Protein wurde kristallisiert, wobei die entsprechenden Strukturdaten keine Hinweise auf signifikante strukturelle Änderungen in der Nähe des Metallzentrums gaben.
Da nur eine geringe Anzahl an SOR Mutanten die Enzymaktivität entscheidend beeinflusste, wurde eine natürliche vorkommende SOR-Variante aus dem mesophilen Bakterium Halothiobacillus neapolitanus analysiert. Dies ist die erste biochemische und strukturelle Charakterisierung einer SOR, welche aus einem mesophilen Mikroorganismus stammt (HnSOR). Das lösliche Enzym wurde nach Genexpression in E. coli aufgereinigt und biochemisch untersucht. Die optimale Enzymaktivität lag bei einem pH von 8.4 und einer Temperatur von 80°C, wobei das Enzym über einer Temperaturspanne von nahezu 90°C aktiv war. Durch CD-Spektroskopie konnte gezeigt werden, dass HnSOR und AaSOR eine ähnliche Proteinfaltung aufweisen. Die hydrodynamischen Radien beider Proteine wurden mittels Dynamischer Lichtstreuung berechnet und die Partikelgröße beider Proteine war nahezu identisch. Die Struktur der HnSOR wurde mit einer Auflösung von 2.9 Å bestimmt und mit der Struktur der AaSOR verglichen. Beides sind sehr ähnliche ikosatetramere Proteine und aufgrund dieser Beobachtungen wurde der für die AaSOR formulierte Weg des Schwefels auch für die HnSOR angenommen. Dabei wurde eine zusätzliche Pore in der Nähe des aktiven Zentrums lokalisiert, die bisher noch nicht in der AaSOR identifiziert wurde. Nach genauerer Untersuchung scheint diese aber auch in der AaSOR präsent zu sein. Das aktive Zentrum ähnelt dem katalytischen Zentrum der AaSOR und umfasst ebenfalls ein Cystein-Persulfid, welches ohne zusätzliche Hitzebehandlung modifiziert wurde. Das mononukleare Eisenzentrum ist durch drei Aminosäuren (H88, H92 und E116) und Wassermoleküle in einer leicht verzerrten oktahedralen Geometrie koordiniert. Die zweite Koordinationssphäre besteht allerdings nicht aus dem E87-homologen E89, sondern aus einem Tyrosin an Position 118. | German |