Die Nutzung von Informationssystemen ist zu einem wesentlichen Bestandteil des täglichen Privat- und Arbeitslebens vieler Menschen geworden. Während Informationssysteme in den meisten Fällen die Art und Weise erleichtern, wie wir Informationen, Produkte oder Dienstleistungen konsumieren, produzieren oder teilen, bringt der allgegenwärtige Zugriff von Informationssystemen ernstzunehmende Probleme mit sich. Dies trifft nicht nur auf diejenige zu, die Informationssysteme verwenden, sondern auch auf die diejenigen, die sie bereitstellen. Besonders in digitalen Kontexten (z. B. E-Commerce) haben Konsumenten einerseits Schwierigkeiten, echte und vertrauenswürdige Informationssysteme (und ihre Anbieter) von solchen zu unterscheiden, die betrügerische Absichten haben und eine Bedrohung darstellen (z. B. durch betrügerische oder irreführende Aktivitäten). Andererseits stehen echte bzw. vertrauenswürdige Anbieter von Informationssystemen vor Herausforderungen, da sie ein vertrauenswürdiges und wahrheitsgemäßes Bild vermitteln sowie in ihren jeweiligen Märkten erfolgreich sein möchten. Sogenannte Informationsasymmetrien (d. h. das Ungleichgewicht der verfügbaren Informationen zwischen denjenigen, die das Informationssystem verwenden und solchen, die es bereitstellen) stehen im Zentrum dieser herausfordernden Situationen.
Die Evolution digitaler Umgebungen hat eine Reihe von Gegenmaßnahmen zur Verringerung von Informationsasymmetrien und damit zur Vereinfachung der Bereitstellung und Nutzung von Informationssystemen hervorgebracht. Zu den bekanntesten und am häufigsten verwendeten Strategien zählen Zertifizierungen von Informationssystemen (IS-Zertifizierungen). Eine IS-Zertifizierung ist ein Nachweis (in den meisten Fällen von einem unabhängigen Dritten) darüber, dass das Informationssystem, der Anbieter oder die zugrundeliegenden Prozesse einem Standard in Form von vordefinierten Bewertungskriterien genügen. Die gegenwärtige Forschung zu Informationssystemen blickt in Bezug auf IS-Zertifizierungen auf eine lange Geschichte zurück, insbesondere im Hinblick auf den Nachweis (oder die Wiederlegung) ihrer Wirksamkeit (d. h. der Grad, in dem Zertifizierungen ihre beabsichtigten Wirkungen erzielen). Die vorhandene Literatur hat jedoch bestenfalls gemischte Ergebnisse hinsichtlich der tatsächlichen Wirksamkeit von IS-Zertifizierungen erbracht. Während einige Studien die Wirksamkeit von IS-Zertifizierungen in verschiedenen digitalen Kontexten belegen, zeigen andere widersprüchliche Ergebnisse, indem sie für die untersuchte Variable (z. B. Vertrauen oder wahrgenommene Sicherheit) keine oder sogar eine negative Wirksamkeit von IS-Zertifizierungen angeben. Das Problem mit solch ambivalenten Forschungsergebnissen ist nicht nur die Nichtübereinstimmung zwischen den Erwartungen der Anbieter und dem tatsächlichen Mehrwert einer IS-Zertifizierung, was zu einer verringerten Adoptionsrate und damit zu einer Verstärkung von Informationsasymmetrien führt, sondern auch die Entwicklung von fehlerhaften IS-Zertifizierungen, die nicht die Bedürfnisse der Konsumenten decken, die nach einer Reduzierung von Informationsasymmetrien streben.
Vor diesem Hintergrund werden in dieser Arbeit vier Forschungsstudien vorgestellt. Jede Studie liefert dabei eine Begründung für die Unschlüssigkeit der Wirksamkeitsforschung zu IS-Zertifizierungen. Die erste Studie synthetisiert vorhandene Literatur zu IS-Zertifikaten und deren Implementierung in Informationssystemen, indem sie eine strukturierte Literaturanalyse präsentiert. Die Ergebnisse dieser Literaturrecherche erlauben es nicht nur, weitere Forschung auf einem gemeinsamen Verständnis zu entwickeln, sondern zeigen auch die Vielzahl von Analyseebenen und Theorien, die zur Erklärung der Dynamik von IS-Zertifizierungseffekten verwendet werden. Eben diese wechselnden Analyseebenen und Theorien machen den Vergleich von Forschungsergebnissen zu Zertifizierungswirksamkeit schwierig, was unweigerlich zu Unterschieden in der Wirksamkeitsforschung von IS-Zertifikaten führt (Begründung 1). Die zweite Studie nimmt eine Verbraucherperspektive ein, indem sie die Eigenheiten von Verbrauchern im Hinblick auf IS-Zertifizierungen untersucht. Während frühere Studien davon ausgegangen sind, dass unterschiedliche Eigenschaften des Verbrauchers keine Rolle bei der Wahrnehmung von IS-Zertifizierungen spielen, zeigt diese Studie, dass Verbraucher basierend auf ihren Persönlichkeitseigenschaften unterschiedlich auf IS-Zertifikate reagieren (Begründung 2). Die dritte Studie nimmt eine Anbieterperspektive ein und befasst sich mit der Identifizierung von Motivatoren sowie De-Motivatoren für den Erwerb von IS-Zertifizierungen. Das Verständnis der Haupttreiber für die (Nicht-)Einführung von IS-Zertifizierungen liefert wichtige Erkenntnisse über die Absichten und Ziele der Anbieter und damit über die Wirksamkeit der IS-Zertifizierung (Begründung 3). Die letzte Studie konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen Verbrauchern und Anbietern von Informationssystemen, indem gleichzeitig die Absichten von Anbietern zum Erwerb von IS-Zertifizierungen und die Wahrnehmung von IS-Zertifizierungen durch Verbraucher ermittelt und gegenübergestellt werden. Die Resultate zeigen eine entscheidende Diskrepanz zwischen Absichten und Wahrnehmungen, die die letzte zentrale Erklärung für die gemischten Ergebnisse der IS-Zertifizierung darstellt (Begründung 4).
Zusammengefasst liefert diese Forschungsarbeit verschiedene Erklärungen für die Ambivalenz der Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von IS-Zertifizierungen in der Informationssystem-Literatur. Anbieter von Informationssystemen, die IS-Zertifizierungen erwerben, könnten die Ergebnisse nutzen, um ihr Verständnis über die Wirkungszusammenhänge zu vertiefen und ihre Entscheidungsfindung hinsichtlich der Einführung von IS-Zertifizierungen zu verbessern. Darüber hinaus können Zertifizierungsstellen (d. h. diejenigen, die IS-Zertifizierungen entwickeln und ausstellen) durch diese Forschung einen Mehrwert schaffen, indem sie beispielsweise ihr Zertifizierungsdesign verbessern, um bestimmte Zielgruppen besser anzusprechen, unbeabsichtigte Nebenwirkungen zu reduzieren und schließlich die Akzeptanzraten für IS-Zertifizierungen zu erhöhen. Schließlich können Verbraucher die Ergebnisse dieser Arbeit nutzen, um IS-Zertifizierungen und deren zugrunde liegenden Mechanismus in digitalen Umgebungen besser zu verstehen und zu bewerten. Damit sind Verbraucher in der Lage, betrügerische Anbieter von Informationssystemen zu identifizieren, Informationsasymmetrien zu verringern und letztendlich ihre Nutzung von Informationssystemen im Allgemeinen zu verbessern. | German |