Das polyphage Insekt Drosophila suzukii stammt aus Südostasien und hat sich seit 2008 rasant in Nordamerika und Europa verbreitet. Es ist insbesondere ein Schadinsekt bei Beeren, Reben und Steinfrüchten. Das Ablegen seiner Eier in reifende Früchte führt zu deren Kollabieren und hohen ökonomischen Schäden. Aufgrund seines Lebenszyklus ist es sehr schwierig, D. suzukii chemisch zu bekämpfen. Daher besteht die Notwendigkeit, biologische Bekämpfungsverfahren, die sowohl im konventionellen wie im ökologischen Obstbau eingesetzt werden können, zu evaluieren und zu entwickeln.
In einem ersten Ansatz (Kapitel II) wurde die Wirkung biologischer Pflanzenschutzmittel, die zur Bekämpfung von zweiflügligen Schadinsekten bereits verfügbar sind, auf D. suzukii getestet. Hierzu wurden Larven und adulte Fliegen von D. suzukii mit verschiedenen Produkten der gram-positiven Unterart Bacillus thuringiensis, welche spezifisch auf Dipteren (z.B. Stechmücken und Kriebelmücken) wirkt, behandelt. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass die getesteten Produkte weder eine erhöhte Mortalität behandelter Larven oder Adulten von D. suzukii hervorriefen, noch eine repellente Wirkung auf das Ovipositionsverhalten nach Applikation auf Wirtsfrüchte entfalteten. Somit konnten auf B.t.i. basierende Produkte als potentielle Kandidaten zur Bekämpfung von D. suzukii ausgeschlossen werden.
Wie in Kapitel III gezeigt, war auch Neemöl, ein Extrakt aus den Samen des Neembaums, gegenüber D. suzukii uneffektiv. Der Extrakt wird vornehmlich zur Bekämpfung von Larven blattsaugender Insekten, auf welche der Wirkstoff Azadirachtin A des Neemöls einen häutungsinhibierenden und letalen Effekt hat, verwendet. Zwar konnten diese Effekte auch bei Larven von D. suzukii beobachtet werden, allerdings erst bei einer zehnfach höheren Konzentration als für Zielorganismen vorgeschlagen. Zudem konnte kein repellenter Effekt auf D. suzukii festgestellt werden.
Ein anderer Ansatz, wirtsspezifische Antagonisten zu finden, welche sich als mikrobiologische Bekämpfungsmittel nutzen lassen, ist die Untersuchung von natürlichen Populationen auf bereits assoziierte Pathogene. Im Kapitel IV wird ein solches Pathogen des Phylums Microsporidia beschrieben. Basierend auf umfänglichen licht- und elektronenmikroskopischen Untersuchungen, molekulargenetischen Analysen von rDNA-Sequenzen und phylogenetischen Studien konnte eine neue Mikrosporidien-Art, Tubulinosema suzukii sp. nov. identifiziert und charakterisiert werden
Des Weiteren wurde T. suzukii auf seine Kompetenz als Antagonist gegen D. suzukii getestet (Kapitel V). Die mittlere letale Sporenkonzentration (LC50: 6900 Sporen/μl) und die konzentrationsabhängige Mortalität nach Exposition von Larven zeigten eine moderate bis hohe Virulenz von T. suzukii gegenüber frühen Entwicklungsstadien von D. suzukii. Durch die Verfolgung des Infektionsverlaufs mittels RT-qPCR konnte gezeigt werden, dass die Replikation von T. suzukii besonders innerhalb der Larval- und Pupalphase von D. suzukii ansteigt, was zu einer eingeschränkten oder verzögerten Entwicklung von adulten D. suzukii führt. Außerdem wurden populationsreduzierende Effekte durch Experimente zu Überlebensraten und Eiablagefähigkeit evaluiert. Es zeigte sich, dass nach Inokulation von D. suzukii-Larven mit T. suzukii die Schlupfraten signifikant reduziert (über 70%) waren; ebenso waren auch die Überlebensraten geschlüpfter adulter D. suzukii und deren Reproduktionsfähigkeit (bis zu 70% weniger Nachkommen) stark beeinträchtigt. Diese Effekte waren weniger stark ausgeprägt, wenn adulte D. suzukii den T. suzukii-Sporen exponiert waren. In Anbetracht der deutlichen Effekte von T. suzukii auf die Überlebensfähigkeit und die Eiablage von D. suzukii und die generellen chronischen, subletale Auswirkungen von Mikrosporidien-Infektionen auf ihre Wirte, ist ein populationsreduzierender Langzeiteffekt einer T. suzukii-Infektion auf D. suzukii möglich.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Anwendung von B.t.i.-Produkten oder Neemöl keine ausreichenden Bekämpfungsoptionen von D. suzukii darstellen, da sie entweder unwirksam sind oder eine zu hohe und damit unwirtschaftliche Aufwandmenge benötigen würden. Andererseits konnte ein neues Mikrosporidium aus einer D. suzukii-Laborpopulation isoliert und charakterisiert werden. Es zeigte durchaus vielversprechende Wirkungen auf Larvenstadien von D. suzukii. Diese Ergebnisse sind eine Ermutigung für weiterführende Wirkungsstudien in Halbfreilandversuchen. | German |