Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hemisphären. Obwohl die meisten neuronalen Funktionen auf beiden Hemisphären representiert sind, scheint es Unterschiede in deren Verarbeitung zu geben, besonders bei Funktionen, die für den Menschen charakteristisch sind - Sprache und Händigkeit. Beide Funktionen lateralisieren auf der linken Hemisphäre. Aber woher kommen diese Unterschiede? Die Double-filtering-by-frequency (DFF) Theorie (Ivry and Robertson, 1998; Flevaris et al., 2010) beschreibt individuelle Präferenzen der Hemisphären bei der Selektion relativer Frequenzen von sensorischen Informationen, wobei die linke Hemisphäre die hochfrequenten und die rechte Hemisphäre die niederfrequenten Informationen verarbeitet. Die Autoren gehen davon aus, dass die in der Sensorik gefundenen Effekte auch auf die Funktionen der Sprache und Motorik übertragen werden können (Robertson and Ivry, 2000). Das
Ziel dieser Arbeit war, eine Übertragbarkeit der Hypothese auf die Kontrolle von Handmotorik zu testen. Daten von gesunden Probanden wurden mit Hilfe der funktionellen Bildgebung (fMRT) und der Magnetencephalographie (MEG) erhoben, um folgende Fragen zu beantworten: Zeigen sich Effekte von hemisphärischen Präferenzen in den Verhaltensdaten und wenn ja, welche korticalen und neuronalen Mechanismen liegen diesen zu Grunde? In einem ersten Verhaltensexperiment (Pflug et al., 2017) wurde untersucht, ob sich die linke und die rechte Hand in ihrer zeitlichen Präzision unterscheiden wenn sie schnelle bzw. langsame Rhythmen tippen. Beim schnellen Rhythmus mussten alle Probanden auf jeden Klicklaut eines kontinuierlichen auditorischen Signals (Beat) tippen, der langsame Rhythmus wurde zwischen zwei Versuchsgruppen variiert. Während die erste Gruppe einen Standard Viervierteltakt (tippen auf eins) tippte, mussten Probanden aus der zweiten Gruppe einen synkopierten Rhythmus tippen (tippen auf vier). Die Proban-
den wurden gebeten entweder mit beiden Händen die gleiche Geschwindigkeit (monofrequent) oder mit einer Hand langsam und mit der anderen schnell (multifreqent) zu tippen. Im Einklang mit der DFF-Theorie war in beiden Gruppen die rechte Hand besser im Tippen der schnellen Frequenz. Ein Unterschied ergab sich im Tippen der langsamen Frequenz. Hier war die linke Hand besser im Tippen der langsamen Frequenz, aber nur in der Gruppe, die den synkopierten Rhythmus tippte. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass im synkopierten Paradigma beide Rhythmen getrennt voneinander in verschiedenen
Hemispheren representiert werden, während im standard Viervierteltakt die Rhythmen zu einer Gestalt integriert werden.
Das synkopierte Paradigma wurde daraufhin verwendet, um im MEG und fMRT die neuralen Grundlagen dieser frequenzabhängigen Präferenzen zu untersuchen (Pflug et al., 2019). Die interne Generierung des langsamen Rhythmus führte zu einem Anstieg der BOLD-Aktivierung in der supplementorischen motorischen Rinde (SMA) und dem rechten
auditorischen Assoziationskortex (A2). Die Ergebnisse des MEGs
ergaben, dass im rechten A2 der langsame Ryhthmus in der Modulation des Beta-Bandes stärker representiert wurde, als im linken A2. Zusätzlich fand sich eine ausgeprägtere Representation des schnellen Klicklautes im linken A2, obwohl beide A2 den gleichen auditorischen Eingang erhalten hatten. Die Ergebnisse aus beiden Messungen legen nahe, dass die gefundenen Effekte in den sensorischen Areale die frequenzabhänginge Lateralisierung erklären können und hiermit die DFF-Hypothese auch in der Handmotorik bestätigen. Im Gegenteil zu den sensorischen Arealen representierten die motorischen Areale nur den jeweils getippten Rhythmus in Form einer Beta-Power Modulation die nicht-linear mit der
BOLD-Aktivierung verknüpft war (Gompf et al., 2017). Eine aus-
geprägtere Kommunikation des linken A2 mit der SMA begünstigt
eine Transformation von zwei getrennten Rhythmen in eine inte-
grierte Gestaltrepresentation. Der gefundene Mechanismus könnte eventuell auch erklären, wie eine Lateralisierung in der Sprachprozessierung funktioniert. | German |