Vereisung in warmen Umgebungen, bspw. in Flugtriebwerken oder beheizten Messsonden, tritt auf, wenn Flugzeuge durch Gebiete mit hoher Konzentration von atmosphärischen Eiskristallen fliegen. Beim Eintreten in das warme Triebwerk beginnen diese zu schmelzen; es entsteht eine Luftströmung beladen mit Wasser und Eispartikeln. Das flüssige Wasser sammelt sich auf Bauteiloberflächen und erlaubt es den Eispartikeln, an diesen anzuhaften. Dieser Prozess führt zur Bildung von Eisschichten signifikanter Dicke.
Solche Partikelansammlungen reduzieren die Zuverlässigkeit, Leistung und Effizienz des Triebwerks und behindern die Funktion von Messsonden. Während leichte Vereisung die Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit durch Erhöhung des Brennstoffverbrauchs reduziert, führt schwere Vereisung zum Triebwerksausfall und -beschädigung und zum Versagen von Sonden, was die Flugsicherheit signifikant beeinträchtigt. Daher ist die Luftfahrtindustrie sehr daran interessiert, dieses Problem zu eliminieren und präzise Modelle für die Vereisung zu entwickeln. Da das Verständnis der zu Grunde liegenden Physik nur rudimentär ist, ist die Genauigkeit heutiger Vorhersagen durch theoretische Modelle oder Simulationen stark beschränkt. Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der physikalischen Mechanismen, die zur Vereisung führen durch die Entwicklung theoretischer Modelle und deren Implementierung in numerische Algorithmen.
Drei wesentliche Phänomene, die zur Bildung von Eispartikelansammlungen führen, sind im Rahmen dieser Arbeit untersucht worden: das Schmelzen nicht-kugelförmiger Partikel, der Aufprall von kleinen Partikeln auf eine Flüssigkeitsoberfläche und das Verhalten von Eiskristallansammlungen und deren Abbrechen von Oberflächen.
Zur Untersuchung des Partikelschmelzens erfolgt eine theoretische Modellierung des Vorgangs, beruhend auf der Annahme, dass das Partikel vor Beginn des Schmelzvorgangs eine rotationsellipsoide Form hat. Aufgrund von kapillarem Druck sammelt sich das entstehende Schmelzwasser in der Mitte des Partikels, wo dessen Oberflächenkrümmung minimal ist. Der mittels Level-Set Methode umgesetzte Algorithmus ist in der Lage die Entwicklung der Form des schmelzenden Partikels und die Dauer des Schmelzvorgangs mit großer Genauigkeit vorherzusagen. Es liefert Ergebnisse, die die Überlegenheit des Modells gegenüber heutigen Schmelzmodellen demonstrieren.
Die Untersuchung des Aufpralls eines Partikels auf eine flüssige Oberfläche erfolgt numerisch. Zusätzlich zu den viskosen- und Druckkräften die auf das Partikel wirken, wird die kapillare Kraft, die in der Dreiphasenkontaktlinie entsteht, von dem Finite-Volumen Algorithmus berücksichtigt. Eine geeignete Gitterbewegung erlaubt die Bewegung des Partikels, dessen Oberfläche eine Berandung der Domäne darstellt. Die Grenzfläche zwischen flüssiger und gasförmiger Phase ist mit Hilfe einer Volume-of-Fluid Methode berücksichtigt. Der Code liefert eine präzise Vorhersage des Aufprallvorgangs bei hohen Weberzahlen sowie bei niedrigen, bei denen die Oberflächenspannung und die Kontaktlinienkraft, die daraus resultiert, dominieren. Anhand der gesammelten Daten und
einer Dimensionsanalyse wurde eine einfache Korrelation gefunden, mit der es möglich ist vorherzusagen ob ein Partikel anhaftet oder abprallt.
Die Analyse des Eisschichtverhaltens erfolgt anhand zweier Vorgehensweisen. Eine Entwicklung eines detaillierten, dreidimensionalen, thermischen Modells, in dem die Eispartikel und Flüssigkeitstropfen numerisch aufgelöst sind, stellt die erste Herangehensweise dar. Es zeigt, dass eine poröse Eis-Wasser-Schicht sich deutlich verschieden von einer massiven Eisschicht verhält. Theoretisches Modellieren des effektiven thermischen Verhaltens und die Berücksichtigung von Transportprozessen von Wärme und Stoff in der Eisschicht stellt die Grundlage der zweiten Vorgehensweise dar. Es liefert einen numerischen Algorithmus, der die Zusammensetzung der Schicht und damit deren Ablösung effizient beschreibt. Die erzielten Ergebnisse stimmen sehr gut mit experimentellen Beobachtungen überein. | German |