In den letzten Jahren schreitet die Entwicklung neuartiger Multikamerasysteme rasant voran. Ein Multikamerasystem kann beispielsweise in einem intelligenten Fahrerassistenzsystem verwendet werden. Es kann auch für kooperative Aufgaben zwischen Robotern eingesetzt werden, um die Lokalisierungsgenauigkeit und Robustheit zu erhöhen. In der Logistikbranche kann eine Fracht-drohne über ein Mehrkamerasystem eine dreidimensionale Rundumsicht erlangen. Bei diesen oder anderen anspruchsvollen Aufgaben, welche erst durch Mehrkamerasysteme ermöglicht werden, ist eine genaue extrinsische Kalibrierung der Kameras notwendig, um eine präzise visuelle Lokalisierung zu erreichen. In dieser Dissertation werden eine gewichtete Optimierungsmethode und eine Datenselektionsstrategie vorgeschlagen, welche das inhärente Ungleichgewicht zwischen Posenschätzungen, das in Liu’s Aufbau vorhanden ist, weitestgehend aufheben. Außerdem werden zwei neue extrinsische Kalibriermethoden vorgeschlagen, um die Genauigkeit der extrinsischen Kalibrierung weiter zu verbessern. Weitere Beiträge der Arbeit sind zwei kooperative Lokalisierungsmethoden MOMA und S-MOMA, die auf einem mobilen Multi-Roboter-System angewendet werden können. Diese Methoden zielen darauf ab, die erschwerten Bedingungen bei einer visuellen Lokalisierung in Innenraumumgebungen zu überwinden, welche sich durch repetitive oder fehlende Merkmale ergeben.
Die vorgeschlagene Optimierungsmethode führt ein Qualitätsmaß für alle Kamera-zu-Marker-Posen-Schätzungen ein, das auf der Projektionsgröße bekannter planarer Kalibriermuster basiert. Die Datenauswahlstrategie extrahiert Bildmessungen mit besserer Abdeckung im dazugehörigen Posenraum als Eingangsdatensatz für die Kalibrierung. Durch die Einführung eines hochpräzisen Tracking-Systems können bei der ersten vorgeschlagenen Kalibriermethode die Kalibrierobjekte frei im Raum platziert werden und müssen nicht mehr wie in Liu’s Anordnung fest miteinander verbunden sein. Dies führt zu einer Erhöhung der Kalibriergenauigkeit. Das zweite Kalibrierverfahren verwendet aktive Kalibriermuster, die aus zwei elektronischen Anzeigen bestehen. Durch eine Adaptation der auf den Monitoren angezeigten Referenzmuster während des Kalibriervorganges, kann der Ansatz aktiv bestmögliche Messungen für die Kalibrierung erzeugen. Die Konfiguration des dynamischen Musters zielt darauf ab, die Empfindlichkeit der nichtkonvexen Zielfunktion, die auf der Reprojektionsfehler basiert, in Bezug auf Posenänderungen zwischen Kamera und Referenzmuster zu maximieren. Desweiteren werden gängige Kalibriermethoden in Verbindung mit verschiedenen Konfigurationen sowohl auf simulierten, als auch realen Messdaten angewendet und verglichen, um zu bestätigen, dass sowohl die Optimierungsmethode als auch die neuen Kalibriermethoden die Kalibrierergebnisse in Bezug auf Genauigkeit und Robustheit verbessern.
Im zweiten Teil der Dissertation werden zwei neuartige, rein bildbasierte kooperative Lokalisierungsansätze MOMA und S-MOMA für ein Multi-Roboter- System vorgestellt. MOMA realisiert eine kooperative visuelle Odometrie über mobile visuelle Marker. Dazu werden spezielle Bewegungsmuster der Roboter benötigt, welche die Bewegung einer Raupe imitieren. Die visuellen Referenz-markierungen werden auf einem der Roboter montiert und dienen als mobile Landmarke, anhand derer die relative Pose zwischen den Robotern hochgenau bestimmt werden kann. Die absolute Positionierung jedes Roboters ergibt sich aus der Verkettung dieser relativen Posen. Der zweite Lokalisierungsalgorithmus S-MOMA (MOMA mit Stereokamera) erweitert das Lokalisierungsprinzip von MOMA. Dazu werden absolute Posenschätzungen einer SLAM Methode aus statischen Umgebungsmerkmalen mit relativen Posenschätzungen aus bekannten mobilen Referenzmerkmalen fusioniert. Die Fusion wird in S-MOMA über ein kombiniertes Optimierungsproblem erreicht, das zwei verschiedene Ziele für diese beiden unterschiedlichen Merkmalsquellen, basierend auf demselben Fehlermaß vereint, nämlich dem Reprojektionsfehler. Die vorgeschlagenen kooperativen Lokalisierungsansätze werden in verschiedenen Konfigurationen mit aus der Literatur bekannten Lokalisierungsalgorithmen verglichen, um Verbesserungen in Bezug auf Genauigkeit und Robustheit in verschiedenen anspruchsvollen Testumgebungen zu bestätigen. | German |