Molekulare Computersimulationen sind in der Lage, ein detailliertes Bild eines chemischen, physikalischen oder biologischen Prozesses zu liefern. Diese Technik wurde in den letzten 50 Jahren entwickelt und wird heutzutage bei der Bearbeitung einer Vielzahl von Problemen in vielen unterschiedlichen Wissenschaftsfeldern eingesetzt. Insbesondere sind quantenchemische Berechnungen zum Studium kleiner Systeme mit großer Genauigkeit einsetzbar, wenn die Elektronenstruktur der Moleküle eine Rolle spielt. Molekulardynamische Computersimulationen werden benutzt, um die örtliche und zeitliche Entwicklung eines molekularen Systems zu untersuchen. Kapitel 1 gibt einen kurzen Überblick der Methoden, die derzeit im Bereich der molekularen Simulationen genutzt werden, beschreibt ihre Grenzen und ihre Entwicklung. Kapitel 2 beschreibt die Methoden, die in dieser Arbeit zum Einsatz kamen. Kapitel 3 behandelt mögliche Anwendungsbereiche der untersuchten Systeme. Genauso wichtig wie die wissenschaftliche Erforschung von Methoden und Algorithmen in der Molekulardynamik ist die Weiterentwicklung der Werkzeuge. In Kapitel 4 wird eine Strategie zur Parallelisierung des Molekulardynamikprogramms YASP für shared-memory Computerarchitekturen beschrieben. Die Parallelisierung wurde auf die rechenintensiven Teile beschränkt: Konstruktion der Nachbarliste, Berechnung der nichtbindenden, Winkel- und Diederkräfte und Zwangsbedingungen. Der größte Teil des seriellen FORTRAN-Codes wurde erhalten. Parallele Konstrukte wurden unter Einsatz des OpenMP-Standards als Compilerdirektiven eingefügt. Nur im Fall der Nachbarliste mußte die Datenstruktur geändert werden. Der parallele Code erreicht eine zufriedenstellende Beschleunigung gegenüger der seriellen Version für Systeme aus einigen tausend Atomen und mehr. Auf einer IBM Regatta p690+ steigt der Durchsatz mit der Anzahl der Prozessoren bis zu einem Maximum von 12 – 16 Prozessoren abhängig von der Charakteristik des simulierten Systems. Auf Zweiprozessor-Xeon-Systemen beträgt die Beschleunigung bis zu 1.7. Sicherlich sind diese Ergebnisse von großem Interesse für andere Arbeitsgruppen in Forschung und Industrie, die ihre eigenen Simulationscodes optimieren wollen. Um einen molekularen Rezeptor zu entwickeln oder aus einer Auswahl bereits bekannter Rezeptoren einen für die jeweilige Anwendung geeigneten Rezeptor auszuwählen, bedarf es einer genauen Kenntnis der nichtkovalenten Wechselwirkung zwischen dem Rezeptor und dem Gastmolekül. Zusätzlich möchte man Einfluss auf den Assoziations- bzw. Dissoziationsprozess durch Veränderung äußerer Parameter (pH, Salzkonzentration usw.) nehmen können. Kapitel 5 ist den Molekulardynamiksimulationen gewidmet, die durchgeführt wurden, um die mikroskopische Struktur und die Dynamik des Bindens von Kationen an Cucurbit[6]uril (CB[6]) in reinem Wasser und in wässrigen Lösungen von Natrium-, Kalium- bzw. Kalziumchlorid zu untersuchen. Die Molaritäten der Lösungen waren jeweils 0.183M für die Salze und 0.0184M für CB[6]. Die Kationen binden ausschließlich an die Carbonyl-Sauerstoffatome des CB[6]. Sie gelangen nicht in das Innere des CB[6]-Moleküls. Komplexe mit Na+- oder K+-Ionen enthalten meist nur ein Kation, während für Ca2+-Ionen in etwa gleichem Maße Komplexe mit ein oder zwei Kationen beobachtet werden. Die Bindungsdynamik hängt stark von der Art des Kations ab. Geringe Größe und hohe Ladung des Kations führen zu einer längeren Verweildauer des Ions an einem bestimmten Carbonyl-Sauerstoffatom. Die Dynamik der Diffusion entspricht der jeweiligen Bindungsstärke (Affinität) des Kations: Je stärker die Bindung, desto langsamer die Diffusion und die Reorientierungsdynamik. Nach der Bindung an das CB[6]-Molekül wandern Natrium- und Kaliumionen meist von einem Carbonyl-Sauerstoffatom zum benachbarten oder zum übernächsten Sauerstoffatom. Kalziumionen hingegen zeigen keine solche Wanderung. Sie sind vorwiegend an nur ein Sauerstoffatom gebunden. Der Innenraum des CB[6]-Moleküls, der durch die beiden Ebenen, die durch die Sauerstoffatome gebildet werden, begrenzt ist, nimmt nur wenige (null bis vier) Wassermoleküle auf. Die Verweildauer der Wassermoleküle im Innenraum wird durch Natrium- und Kaliumionen kaum beeinflußt. Das in der Literatur vorgeschlagene Modell, gemäß dem die Ionen eine Art Deckel über den Portalen des CB[6]-Innenraumes bilden, kann demnach nicht bestätigt werden. Die Verlangsamung des Wasseraustausches zwischen dem Innenraum und der Lösung ist eine Folge der generell langsameren Dynamik in Gegenwart von Salz und der Stabilität der Hydrathülle der Ionen. Eine Studie des Bindungsverhaltens von einfachen hydrophoben (Lennard-Jones) Molekülen an CB[6] zeigt, dass diese Teilchen nicht nennenswert an CB[6] binden. Durch Variation der Größe der hydrophoben Teilchen wurde gezeigt, dass dieser Parameter für eine stabile Komplexbildung entscheidend ist. Ein weiteres Gebiet dieser Arbeit beschäftigt sich mit Grenzschichten zwischen metallischen Oberflächen und organischen Substraten. Vor allem für Übergangsmetalle ist es anspruchsvoll, Wechselwirkung zu beschreiben, da die Übergangsmetalle mit einer großen Anzahl von organischen Substanzen chemische Bindungen unterschiedlicher Stärke ausbilden. In Kapitel 6 wird die Adsorption von Isopropanol auf einer Platin(111)-(Pt(111))-Oberfläche unter untersättigter und übersättigter Bedeckung mit Molekulardynamiksimulationen untersucht, wofür auch ein Parametrisierungverfahren entwickelt wurde. Ebenso wurden statische und dynamische Eigenschaften der Grenzschicht zwischen Pt(111) und flüssigem Isopropanol erforscht. Es wird gezeigt, dass untersättigter Bedeckung die Adsorptionsenergie mit der Bedeckung zunimmt. Bei übersättigter Bedeckung (Mehrschichtadsorption) ist die Adsorptionsenergie generell kleiner. Dies stimmt mit Temperatur-programmierten Desorptionsexperimenten überein. Die Analyse der Dichte zeigt eine Anreicherung der Moleküle auf der Oberfläche und darüber eine Verarmung der Moleküle. Die Oszillationen von Anreicherungen und Verarmungen im Dichteprofil sind bis zu einem Abstand von 3 nm von der Oberfläche beobachtbar. Ausserdem zeigt die Verteilung der einzelnen Atomtypen, dass die erste Schicht absorbierter Moleküle eine hydrophobe „Bürste“ von Methylgruppen ausbildet. Diese „Bürste“ bestimmt dann die weiter von der Oberfläche entfernten Verteilungen. In der zweiten Schicht liegen die Methyl- und Methin-Gruppen näher an der Metalloberfläche und die Hydroxylgruppen etwas weiter weg, während in der dritten Schicht die Atomgruppen exakt die umgekehrte Verteilung aufweisen. Dieses abwechselnde Muster wiederholt sich bis zu einer Distanz von 2 nm von der Metalloberfläche. Die Ausrichtung der Moleküle als Funktion von deren Distanz zur Oberfläche wird nur durch die Atomverteilung bestimmt und hängt überraschenderweise nicht von den elektrostatischen oder chemischen Wechselwirkungen von Isopropanol mit der Metalloberfläche ab. Dennoch wird die Bildung von Wasserstoffbrücken in der ersten Schicht merklich durch diese Wechselwirkungen beeinflusst. Die Wechselwirkungen zwischen Oberfläche und Adsorbat haben nur in der ersten Schicht einen Einfluss auf die Beweglichkeit von Isopropanolmolekülen. In allen weiter enfernten Schichten ist die Beweglichkeit davon unabhängig. Im Kapitel 7 werden die Hauptaussagen dieser Doktorarbeit zusammengefasst und Perspektiven für die zukünftige Forschung auf diesem Gebiet skizziert. | German |