Das Unternehmertum hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Wirt-schaft und Gesellschaft. Eine der essentiellsten Ausprägungen des Unternehmertums ist dabei die Gründung von neuen Unternehmen durch eine oder mehrere Personen um neue, zum Teil innovative, Geschäftsgelegenheiten in der Form von Produkten und/oder Dienstleistungen auf lokalen wie internationalen Märkten abzuschöpfen. Ungeachtet der zahlreichen Herausforderungen, mit welchen Unternehmensgründer in Folge des heterogenen Aufgabenspektrums vor, während und nach einer Unterneh-mensgründung insgesamt konfrontiert sind, ist die Finanzierung eines neuen Unter-nehmens mitunter eine der zentralen Herausforderungen die es für den Unternehmer zu bewältigen gibt. Aufgrund der großen Unsicherheit hinsichtlich der Erfolgsaussich-ten neuer Produkte und Dienstleistungen ist das Überleben und Wachstum einer Neu-gründung alles andere als selbstverständlich und auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Finanzierungsoptionen für Unternehmensgründer beschränkt sind. Darüber hinaus ist die Wahl der Finanzierung insofern von großer Bedeutung, da wissenschaft-liche Erkenntnisse nahelegen, dass die Entscheidung über die Wahl einer bestimmten Finanzierungsform eine nachhaltige Auswirkung auf die Entwicklung des Unterneh-mens hat. Aus diesem Grund ist nicht nur die Wahl der Finanzierungsform eine große Herausforderung für den angehenden Unternehmer, sondern wird zudem durch die nachhaltige Wirkung derselben zu einer großen Herausforderung für Unternehmens-gründer insgesamt.
Aufgrund der Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Unternehmung und einer kurzen bis kaum vorhandenen Unternehmenshistorie einer Neugründung wird Risikokapital in Form von sog. Venture Capital Investoren oftmals als die am geeig-netste Form der Finanzierung gesehen. Diese Risikokapitalinvestoren zeichnen sich durch ihren professionell-institutionellen Charakter aus und bieten dem finanzierten Portfoliounternehmen nicht nur finanzielles Kapital, sondern vielmehr auch ein brei-tes Spektrum an nicht-monetären Zusatzleistungen wie beispielsweise den Zugang zu Netzwerken. Zeitgleich ist die Akquisition von Risikokapital durch den Unternehmer aufgrund der hohen Anzahl an möglichen Neugründungen als Investitionsobjekt sehr kompetitiv und daher schwierig. Dies zeigt sich dadurch, dass nur wenige Neugrün-dungen den selektiven Auswahlprozess eines Risikokapitalgebers überstehen, und da-von nur ein Bruchteil die notwendige Finanzierung nach einer detaillierten Prüfung erhält. Diejenigen Unternehmen, die den Selektionsprozess erfolgreich durchlaufen haben, weisen jedoch eine erhöhte Überlebenswahrscheinlichkeit und ein stärkeres Wachstum gegenüber denjenigen Unternehmen auf, die kein Risikokapital erhalten haben. Dahingehend bestätigen wissenschaftliche Ergebnisse, dass das Vorhandensein von Risikokapital eine positive Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit und das Wachs-tum eines Unternehmens hat. Ausgehend von dieser Besonderheit von Risikokapital und dem damit verbundenen faszinierenden Forschungsfeld widmet sich diese Disser-tation der Frage, welche Rolle das Risikokapital im Rahmen von Neugründungen im akademischen Kontext spielt. Zudem untersucht diese Arbeit, welche Auswirkung eine Schwarmfinanzierung auf die Selektions- und Investitionsentscheidung von Risikoka-pitalgebern hat. Der Fokus hinsichtlich der Investitionsentscheidung liegt dabei auf der Fragestellung, ob die Investitionsentscheidung eines Schwarmfinanzierungskollektivs die Entscheidung eines Risikokapitalinvestors beeinflusst und falls ein Effekt nach-weisbar ist, inwieweit die Bildung eines Syndikats von Risikokapitalinvestoren durch das Vorhandensein einer Schwarmfinanzierungskampagne berührt wird.
Aufbauend auf dieser grundlegenden Fragestellung untersucht diese Dissertation an-hand eines proprietären Datensatzes von 98 Ausgründungen aus dem akademischen Umfeld im Zeitraum 1997 bis 2012, sog. research-based spin-offs, welche Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf das Wachstum dieser Unternehmungen haben. Im De-tail untersucht diese Dissertation dabei, ob risikokapitalfinanzierte akademische Aus-gründungen eine erhöhte Leistungsfähigkeit gegenüber nicht-risikokapitalfinanzierten akademischen Ausgründungen aufweisen und ob eine mögliche Leistungsdifferenz auf den Selektionsprozess des Risikokapitalgebers zurückzuführen oder bedingt durch sei-ne aktive Teilnahme am Unternehmensgeschehen entstanden ist. Aufbauend auf der Ressourcentheorie belegen die empirischen Ergebnisse dieses Forschungsbeitrages, dass ein homogener Bildungshintergrund des akademischen Gründerteams einen posi-tiven Einfluss auf das Wachstum von akademischen Ausgründungen hat. Darüber hin-aus zeigen die Ergebnisse, dass Schulungsmaßnahmen der Forschungseinrichtung mit der Zielsetzung der Generierung von unternehmerischen Fähigkeiten und Netzwerken einen ebenso positiven Einfluss auf das Wachstum haben. Die empirischen Analysen belegen zudem, dass die Kommerzialisierung einer innovativen Technologie einen ebenso positiven Beitrag zum Wachstum der akademischen Ausgründung leistet. Das Vorhandensein von Risikokapital wirkt sich ebenfalls positiv auf das Wachstum aus. So zeigen die Ergebnisse, dass akademische Ausgründungen mit Risikokapital deutlich schneller wachsen als vergleichbare akademische Ausgründungen ohne Risikokapital. Die Analysen lassen den Schluss zu, dass diese gesteigerte Leistungsfähigkeit eher dem aktiven Mitwirken der Investoren im Tagesgeschäft und nicht der Fähigkeit der Inves-toren bei der Auswahl der Unternehmung geschuldet ist.
Über die Fragestellung der Rolle von Risikokapital bei akademischen Ausgründungen hinausgehend untersucht diese Dissertation ebenfalls, welche Rolle eine Schwarmfi-nanzierung bei der Selektions- und Investitionsentscheidung bei Risikokapitalinvesto-ren hat. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Wichtigkeit von Schwarmfinanzie-rungen in den vergangenen Jahren deutlich an Volumen und Wichtigkeit zugenom-men hat. Im Detail untersucht diese Dissertation, ob und welche spezifischen Eigen-schaften einer Schwarmfinanzierungskampagne einen Einfluss auf die Selektionsent-scheidung eines Risikokapitalgebers haben. Die Untersuchung basiert auf einem proprietären Datensatz bestehend aus 66.000 Schwarmfinanzierungskampagnen auf der Kickstarter Plattform im Zeitraum 2009 bis 2016. Diese Datenbasis wurde mit der Crunchbase Firmendatenbank mit ca. 100.000 Unternehmen kombiniert. Insgesamt konnten dadurch 267 Neugründungen mit mindestens einer Schwarmfinanzierungs-kampagne identifiziert werden. Aufbauend auf der Signaltheorie belegen die empiri-schen Ergebnisse, dass eine erfolgreich abgeschlossene Schwarmfinanzierungskam-pagne einen positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Risikokapitalan-schlussfinanzierung hat. Zweitens zeigen die Ergebnisse, dass es einen inversen U-förmigen Zusammenhang zwischen dem Verhältnis aus Finanzierungsziel und tatsäch-lich eingeworbener Finanzierung und der Wahrscheinlichkeit einer Risikokapitalan-schlussfinanzierung gibt. Drittens kann diese Dissertation empirisch belegen, dass eine Hervorhebung einer Schwarmfinanzierungskampagne auf der Kickstarter Plattform ebenfalls eine erhöhte Wahrscheinlichkeit nach sich zieht, Risikokapital zu erhalten. Viertens zeigen die Analysen einen ebenso signifikant positiven Zusammenhang zwi-schen der elektronischen Mundpropaganda auf Facebook und der Wahrscheinlichkeit einer Anschlussfinanzierung durch Risikokapitalgeber.
Hinsichtlich der Investitionsentscheidung eines Risikokapitalgebers ein Syndikat zu bilden zeigen die Ergebnisse einen ebenso signifikanten wie negativen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer Schwarmfinanzierungskampagne und der Syndi-katsbildung. Zum einen bestätigen die Ergebnisse, dass sich sowohl die Wahrschein-lichkeit einer Syndikatsbildung als auch die Größe eines Syndikats reduziert, wenn das Investitionsobjekt eine Schwarmfinanzierungskampagne abgeschlossen hat. Gegeben der möglichen globalen Aufmerksamkeit einer Schwarmfinanzierungskampagne wei-sen die Ergebnisse zum anderen nach, dass die Wahrscheinlichkeit eines internationa-len Syndikats durch das Vorhandensein einer solchen Kampagne positiv beeinflusst wird. Ausgehend von diesen Ergebnissen kommt die Dissertation zu dem Schluss, dass sowohl das Selektions- als auch das Investitionsverhalten in Teilen durch die Entschei-dung eines großen Kollektivs aus Unterstützern von Schwarmfinanzierungskampagnen beeinflusst werden. Ausgehend davon schließt diese Dissertation mit der Erkenntnis, dass eine Schwarmfinanzierung nicht nur eine neue und wichtige Form der Unter-nehmensfinanzierung darstellt, sondern diese auch einen wesentlichen und nachhalti-gen Effekt auf mögliche Folgefinanzierungsrunden durch Risikokapitalinvestoren hat. Diese Dissertation schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten theoretischen wie praktischen Erkenntnisse. Im Kern beziehen sich die wesentlichen Beiträge dieser Dissertation darauf, dass die Ressourcentheorie mit Schwerpunkt auf Wachstumsfakto-ren akademischer Ausgründungen um die Berücksichtigung von Wagniskapital erwei-tert wird. Zum anderen zeigt diese Arbeit, dass Crowdfunding die Informationsasym-metrien zwischen Investor und Unternehmen reduzieren kann und somit einen wichti-gen Beitrag zur Reduktion von Unsicherheiten im Investitionsprozess leistet. Diese Er-kenntnis erweitert die Signaltheorie um einen weiteren wichtigen Baustein. | German |