Abstract: |
Die Synthetische Biologie versteht sich als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das die
Entwicklung komplexer künstlicher biologischer Systeme zum Ziel hat. Neben der erfolgreichen
Integration von synthetischen Schaltungen in lebende Organismen, bedarf es hierzu passender
Analyse- und Messtechnik sowie eines theoretischen Verständnisses der zugrunde liegenden
komplexen biochemischen Wechselwirkungen. In der Synthetischen Biologie arbeiten folglich
Biologie und Chemie eng mit Ingenieurwissenschaften, Physik und Informatik zusammen. Im
Kontext dieser Interdisziplinarität werden in der vorliegenden Arbeit Methoden und Modelle der
theoretischen Physik beschrieben, welche in der Synthetischen Biologie Anwendung finden.
Im ersten Teil der Arbeit wird ein konkretes biologisches System, ein auf dem CRISPR/dCas9-
System beruhender logischer Schalter, analysiert und modelliert. Experimentelle Daten von
Messungen an Hefezellen zeigen hier, dass das System ein bimodales Schaltverhalten zeigt. Zur
Erklärung dieser Beobachtung werden ein deterministisches sowie ein stochastisches Modell ent-
wickelt. Mithilfe dieser Modelle lässt sich das Verhalten des CRISPR/dCas9-Systems nachbilden,
womit ein Erklärungsansatz für die zugrunde liegenden biologischen Zusammenhänge gegeben
wird.
Der zweite Teil dieser Arbeit geht auf ein generelles Problem der Synthetischen Biologie ein,
nämlich die sogenannten Kontexteffekte. Hiermit werden allgemein alle Effekte bezeichnet,
die durch die Umgebung, in welche ein synthetischer Schaltkreis eingebettet wird, verursacht
werden. Zur besseren Analyse dieser oft nicht vernachlässigbaren Einwirkungen werden die durch
verschiedene mögliche Umgebungstopologien erzeugten Memory-Effekte analytisch berechnet.
Anhand von verschiedenen biologischen Beispielen zeigen wir dann, wie stark sich die Umgebung
auf das Verhalten des Schaltkreises auswirken kann.
Das Phänomen, dass deterministische und probabilistische Beschreibung grundlegend verschie-
dene Ergebnisse liefern, betrachtet der dritte Teil der Arbeit. Die theoretische Physik ist bestrebt,
beobachtbare Phänomene durch möglichst einfache und zugängliche Modelle darzustellen und
damit auch zu erklären. Zu diesem Zweck wird im dritten Teil ein minimales Modell vorgestellt,
welches ausreichend ist, um durch sogenanntes Burstrauschen verursachte stabile Zustände
darzustellen. Mittels deterministischer Methoden kann das beobachtete Systemverhalten nicht
korrekt vorhergesagt werden. Zur Analyse des Effektes nutzen wir daher eine Gleichung, welche
die Extrema der Wahrscheinlichkeitsverteilung beschreibt.
Aufbauend auf den Ergebnissen des vorigen Kapitels wird im letzten Teil dieser Arbeit kurz die
Rolle von minimalen Modellen in der Synthetischen Biologie diskutiert. Insbesondere vor dem
Hintergrund der verschiedenen erkenntnistheoretischen Ziele von Ingenieur- und Naturwissen-
schaften beleuchten wir dabei, ob und wie theoretische Modelle Nutzen in der Synthetischen
Biologie entfalten können.
Zusammenfassend wird in dieser Arbeit aufgezeigt, wie stochastische Modellierung und die
analytische Behandlung von Umgebungseffekten in der Synthetischen Biologie eingesetzt werden
können. Die verschiedenen vorgestellten Herangehensweisen lassen sich dabei als grundlegende
Methoden verstehen, auf die Modellierer in Zukunft zurückgreifen können. |
Alternative Abstract: |
Alternative Abstract | Language |
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Synthetic Biology is an interdisciplinary field of research aiming at the development of complex
artificial biological systems. In addition to the successful integration of synthetic circuits into
living organisms, this requires appropriate analysis and measurement techniques as well as a
theoretical understanding of the underlying biochemical interactions. Consequently, in Synthetic
Biology biologists and chemists work closely together with engineers, physicists, and computer
scientists. In the context of this interdisciplinarity, this thesis describes methods and models of
theoretical physics that are applied in Synthetic Biology.
In the first part of the thesis, a concrete biological system, a logical switch based on the
CRISPR/dCas9 system, is analyzed and modeled. Experimental data from measurements on
yeast cells show that the system has a bimodal switching behavior. A deterministic and a
stochastic model are developed to explain this observation. With the help of this model, the
behavior of the CRISPR/dCas9 system can be simulated, thus providing an explanatory approach
for the underlying biological mechanisms.
The second part of this thesis deals with a general problem of Synthetic Biology, namely the
so-called context effects. This refers to all effects caused by the environment in which a synthetic
circuit is embedded. For a better analysis of these often not negligible effects, the memory effects
generated by different possible environment topologies are analytically calculated. Using various
biological examples, we then show how strongly the environment can affect the behavior of the
circuit.
The phenomenon that deterministic and probabilistic descriptions provide fundamentally
different results is considered in the third part of this paper. Theoretical physics aims to represent
and explain observable phenomena using models that are as simple and accessible as possible.
For this purpose, the third part presents a minimal model, which is sufficient to describe bimodal
probability distributions caused by burst noise. Using deterministic methods, this system behavior
cannot be predicted correctly. For the analysis of the effect we therefore use an equation that
gives the extreme of the probability distribution.
Based on the results of the previous chapter, the role of minimal models in Synthetic Biology is
briefly discussed in the last part of this paper. Particularly against the background of the different
epistemological goals of engineering and natural sciences, we will examine whether and how
theoretical models can develop benefits in Synthetic Biology.
In summary, this thesis shows how stochastic modeling and the analytical treatment of
environmental effects can be applied in Synthetic Biology. The different approaches presented
can be understood as basic methods that modelers will be able to use in the future. | English |
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