Relaxor-Ferroelektrika (Relaxoren) wurden in den 1950er Jahren entdeckt und haben erneut Interesse in der Physik der kondensierten Materie erhalten. Trotz der Tatsache dass die physika- lische Deutung der Relaxoren ein Streitgegenstand bleibt, motivierten die außergewöhnlichen elektro-chemischen Eigenschaften sowie die sich daraus ergebenden potenziellen Anwendungs- gebiete in der Industrie eine Vielzahl an Studien zu verschiedenen Aspekten.

Auf der Zufallsfeldtheorie basierend wird in der vorliegenden Arbeit erstmalig ein voll elek- tromechanisch gekoppeltes Phasenfeldmodell vorgestellt, um das sonderbare Verhalten der Re- laxoren zu simulieren. Dabei wird ein lokales Zufallsfeld eingeführt, um den Effekt der chemi- schen Fehlordnung zu charakterisieren. Desweiteren wird eine thermodynamische Analyse un- ternommen, bei der die spontane Polarisierung als ein unabhängiger Ordnungsparameter und das Zufallsfeld als eine interne Mikrokraft behandelt werden. Die resultierenden nichtlinearen Material- und Evolutionsgleichungen werden anschließend mit der Finite-Elemente-Methode diskretisiert. Numerische Simulationen zeigen, dass dieses Modell die Merkmale von Relaxoren wiedergeben kann, beispielsweise die Miniaturisierung der Domänengröße, die Reduzierung der remanenten Polarisierung und die Verstärkung der Großsignal-Piezo-Antwort. Es wird insbeson- dere der Einfluss der Zufallsfeldstärke auf die Domänenstruktur und die Hysteresen diskutiert und durch Versuchsergebnisse validiert.

Im nächsten Schritt wird das Phasenfeldmodell zusammen mit dem Modell für herkömmliche Ferroelektrika auf die Analyse und das Design der Relaxor-basierten Verbundwerkstoffe ange- wandt. In diesem Zusammenhang wird eine Reihe von Simulationen für die ferroelektrischen Verbundwerkstoffe mit verschiedenen Typen der Grenzschicht ausgeführt. Die Ergebnisse be- stätigen, dass zusätzlich zur Polarisierungskopplung, die laterale Verzerrungskopplung einen beachtlichen Beitrag zum Groçsignal-Deformationskoeffizienten liefert. Die laterale Verzer- rungsfehlanpassung senkt die remanente Verzerrung in der ferroelektrischen Schicht und erhöht dadurch die makroskopische piezoelektrische Reaktion.

Erwähnenswert ist die Optimierung der Zusammensetzungsverhältnise der Relaxoren in Be- zug auf verschiedene elektrische Ladungen. Besonders die Verbundwerkstoffe mit einem höhe- ren Gehalt an Relaxor sind geneigt, erhöht Großsignalige-Piezo-Antwort für höhere elektrische Felde zu erhalten. Diese Erkenntnisse können in die weitere Entwicklung von Relaxoren und ferroelektrische Verbundwerkstoffe mit verbesserter Leistung einfließen.

Abschließend werden die core-shell-Strukturen in Relaxoren sowie die assoziierten mikros- kaligen Merkmale und Mechanismen durch kombinierte ferroelektrisch-relaxor-flexoelektrische Phasenfeldsimulationen untersucht. Bei Raumtemperatur wird für BNT-25ST festgestellt, dass das erhöhte elektrische Potenzial unterhalb des Kerns für die Domänenentwicklung in der Ebene verantwortlich ist. Die resultierenden Feld-induzierten Domänen am kohärenten Core-Shell-Interface spielen eine wichtige Rolle für die Steigerung der Polarisation in der nonpolaren Schalenregion und damit für die Erzeugung großer Verzerrungen. Für die extrem hohen Tem- peraturen von 800 ◦C lassen sich die domänenartigen Nanoregionen in BNT-25ST core-shell- Nanopartikeln zurückführen auf den flexoelektrischen Effekt, wobei der Verzerrungsgradient seinen Ursprung wohl im Vegard-Effekt besitzt.