In dieser Arbeit werden unterschiedliche ZnO Grenzflächen auf Ihre Leistungsfähigkeit in piezotronischen Anwendungen hin untersucht. Hierzu wird die elektrische Leitfähigkeit über Metall – ZnO Schottky Kontakte sowie ZnO-ZnO Grenzflächen als Funktion einer uniaxialen mechanischen Druckspannung gemessen. Zusätzlich wird das piezoelektrische Verhalten von ZnO Einkristallen mit und ohne hochresistiver Raumladungszone als Funktion der Temperatur bestimmt.
Die elektrische Leitfähigkeit über Potentialbarrieren von Schottky Kontakten, entweder auf der Zn- oder O-terminierten Oberfläche, wurde unter zunehmender mechanischer Druckspannung gemessen. Es konnte gezeigt werden, dass die Erzeugung negativer piezoelektrischer Ladungen eine existierende Potentialbarriere erhöht, wohingegen eine positive piezoelektrische Ladung zu einer Erniedrigung der Potentialbarriere führt. Aus I-V Kennlinien konnte der Verlauf der Höhe der Potentialbarriere als Funktion der positiven piezoelektrischen Ladungen bestimmt werden. Hierdurch wird ein direkter Vergleich zwischen experimentellen Daten und theoretischen Beschreibungen des piezotronischen Effekts ermöglicht. Alle experimentellen Messungen wurden an makroskopischen ZnO Einkristallen durchgeführt um experimentelle Defizite in bereits existierender Literatur, welche hauptsächlich auf Untersuchungen von ZnO Nanostrukturen basiert, zu überwinden. Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen das grundlegende Konzept und erweitern das aktuelle Verständnis des piezotronischen Effekts.
Direkte piezoelektrische Messungen an ZnO Einkristallen mit und ohne Raumladungszone wurden als Funktion der Temperatur und Anregungsfrequenz durchgeführt. Mit abnehmender Temperatur sinkt die Dichte der freien Ladungsträger, wodurch ein Zusammenhang zwischen freier Ladungsträgerdichte und Annihilation des piezoelektrischen Potentials nachgewiesen werden kann. Eine Zunahme der messbaren piezoelektrischen Ladung mit sinkender Temperatur konnte sowohl für einen Kristall mit Raumladungszone also auch für einen Kristall ohne Raumladungszone nachgewiesen werden. Die Existenz einer hochresistiven Raumladungszone ermöglichte allerdings bereits bei Raumtemperatur und kleinen Anregungsfrequenzen eine Messung des piezoelektrischen Potentials. Diese Verschiebung des Einsatzbereiches aufgrund der Raumladungszone ist von herausragender Bedeutung für piezotronische Anwendungen.
In dieser Arbeit wurden neben Metall – ZnO Schottky Kontakten ebenso ZnO Bikristall Grenzflächen mittels epitaktischer Festphasenumwandlung hergestellt. Der Herstellungsprozess erlaubt es, die Orientierung der piezoelektrischen Vektoren sowie die chemische Zusammensetzung an der Grenzfläche zu definieren. Hierdurch kann der Einfluss von negativen oder positiven piezoelektrischen Ladungen auf eine Potentialbarriere an der Bikristallgrenzfläche systematisch untersucht werden. Lastabhängige Leitfähigkeitsmessungen zeigten eine Abnahme der Barrierenhöhe für positive piezoelektrische Ladungen und eine Zunahme der Barrierenhöhe für negative piezoelektrische Ladungen. Die Stärke der Barrierenhöhenänderung wurde mit theoretischen Modellen sowie experimentellen Messungen an Metall – ZnO Schottky Kontakten verglichen. Im Vergleich zu Schottky Kontakten, weisen Potentialbarrieren an ZnO-ZnO Grenzflächen eine deutlich höhere Lastabhängigkeit auf. Für den Fall der Absenkung einer Barriere mittels positiver piezoelektrischer Ladungen, konnte eine fast vollständige Auslöschung der Potentialbarriere durch mechanische Last erreicht werden. Diese Ergebnisse demonstrieren das große Potenzial von ZnO-ZnO Grenzflächen als vielversprechende Alternative zu Metall – ZnO Schottky Kontakten für piezotronische Anwendungen.
Durch ein Unterbrechen der Festphasenumwandlung während des Herstellungsprozesses der Bikristalle, konnten Einkristall – Polykristall Strukturen mit unterschiedlicher remanenter Dicke polykristallinen Materials zwischen zwei orientierten Einkristallen hergestellt werden. Temperaturabhängige Leitfähigkeitsmessungen wurden durchgeführt, um den Einfluss der Temperaturbehandlung während des Herstellungsprozesses der Bikristalle auf die Eigenschaften der Potentialbarriere an Varistor-Korngrenzen zu untersuchen. Zudem zeigen lastabhängige I-V Kennlinien eine extrem hohe Lastsensitivität für Einkristall – Polykristall Strukturen mit mittlerer Dauer der Temperaturbehandlung auf. Diese Messungen schließen die Lücke zwischen piezotronischen Systemen basiert auf Bikristallen und piezotronischen Systemen basiert auf polykristallinen Varistor Keramiken. Des Weiteren weisen sie auf die Bedeutung des Einflusses der Mikrostruktur auf die Performance von Varistor-basierten piezotronischen Systemen hin. | German |