Immuntherapeutische Ansätze stehen derzeit im Fokus der Forschung zur Behandlung von Krebserkrankungen und vielversprechende klinische Studien führten zur Markteinführung verschiedener Immuntherapeutika, einschließlich monoklonaler Antikörper und Zytokin-basierter Therapien. Um die Wirksamkeit und Sicherheit immuntherapeutischer Therapien zu verbessern, könnten virale Gentransfersysteme geeignete Instrumente darstellen. In diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Viren auf zwei Arten denkbar: Entweder als replikationsdefiziente virale Vektoren, die ausschließlich für das therapeutische Gen kodieren oder als replikationskompetente onkolytische Viren, die nicht nur mit zusätzlichen immuntherapeutischen Genen ausgestattet sind, sondern Tumorzellen auch direkt lysieren können. Die letztgenannte Strategie wurde im ersten Teil dieser Arbeit verfolgt. Ziel war es die onkolytische Aktivität von semi-replikationskompetentem Virus der vesikulären Stomatitis (srVSV) mit der Expression von viral-kodierten immuntherapeutischen Transgenen zu kombinieren, um eine lang anhaltende antitumorale Immunantwort zu induzieren. Im zweiten Teil dieser Arbeit steht die Entwicklung von replikations-defizienten, zielgerichteten Adeno-assoziierten viralen (AAV) Vektoren für den tumorspezifischen Transfer von Immuncheckpoint-Inhibitoren im Fokus.
Das srVSV-System basiert auf zwei sich in trans komplementierenden, propagations-defizienten Vektoren, VSVΔG und VSVΔL. Zur Steigerung der antitumoralen Wirksamkeit wurden beide Vektoren mit den immuntherapeutischen Transgenen granulocyte-macrophage colony-stimulating factor (GM-CSF), FMS-like tyrosine kinase 3 ligand (Flt3L), B7 und dem tumorassoziierten Antigen Her2/neu sowie CTLA4-Her2/neu ausgestattet. Nach erfolgter Insertion der Transgene in das Genom der VSV Deletionsmutanten wurden die rekombinanten Vektoren erfolgreich hergestellt und die Expression der von srVSV kodierten Transgene wurde in vitro nachgewiesen. Da VSV sensitiv gegenüber Typ I Interferon (IFN)-induzierten antiviralen Immunantworten ist, wurde zur Identifikation eines geeigneten Tumormodells für die präklinischen Studien, die Sensitivität verschiedener muriner Tumorzelllinien gegenüber IFNα untersucht. Die Darmkrebszelllinie MC38 wurde als potenziell geeignetes Tumormodell identifiziert, da sie auch nach Vorbehandlung mit hohen IFNα Konzentrationen noch infizierbar war. Erste präklinische Untersuchungen zeigten, dass sowohl srVSV, welches mit immunstimulierenden Transgenen armiert war, als auch nicht-armiertes srVSV eine antitumorale Immunantwort im MC38 Tumormodell induzieren konnten. Hierbei zeigten die mit immunstimulatorischen Transgen-armierten srVSV lediglich eine geringfügige Steigerung der therapeutischen Wirksamkeit im Vergleich zu der nicht-armierten srVSV-Kontrollgruppe. Daher sind weitere präklinische Studien notwendig, um endgültig zu klären, ob der Einbau der gewählten immuntherapeutischen Transgene die antitumorale Wirksamkeit von srVSV steigern kann.
Monoklonale Antikörper, welche gegen Immuncheckpoints wie programmed cell death protein-1 (PD-1) oder seinen Liganden PD-L1 gerichtet sind, haben vielversprechende Behandlungsergebnisse bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen erzielt, was zur Markteinführung verschiedener sogenannter Immuncheckpoint-Inhibitoren führte. Jedoch spricht nicht jeder Patient auf die Behandlung an und zudem können als Nebenwirkung schwerwiegende Autoimmunreaktionen auftreten. Vermutlich begünstigt die systemische Applikation der Antikörper nicht nur eine Stimulation des Immunsystems im Tumorgewebe, sondern auch in gesunden Organen. Daher wurden in dieser Arbeit zielgerichtete AAV-Vektoren für den tumorspezifischen Transfer von Immuncheckpoint-Inhibitoren entwickelt. Hierfür wurden AAV-Vektoren verwendet, die über die Bindung an den Rezeptor Her2/neu, welcher auf vielen Tumorentitäten hochreguliert wird, den Gentransfer vermitteln (Her2-AAV). Diese Vektoren wurden mit der kodierenden Sequenz für PD-1- oder PD-L1-spezifische Inhibitoren ausgestattet. In vitro Untersuchungen bestätigten die AAV-vermittelte Expression der Immuncheckpoint-Inhibitoren sowie deren spezifischen Anbindung an ihr Zielantigen PD-1 oder PD-L1. In vivo Imaging Analysen zeigten, dass Her2-AAV nach systemischer Applikation in immunkompetenten BALB/c Mäusen mit subkutan wachsenden HER2/neu-positiven RENCA Tumoren einen präzisen Gentransfer in das Tumorgewebe vermittelte, wohingegen ungerichtete AAV2-Vektoren einen Gentransfer in die Leber vermittelten. Zuletzt wurde die AAV-vermittelte Expression von αPD-1 in dem zuvor genannten Tumormodell untersucht. Die systemische Applikation von Her2-AAV führte zu erhöhten αPD-1 Werten im Tumor verglichen zu den Werten in der Leber. Im Gegensatz dazu wiesen die mit AAV2 behandelten Mäuse höhere αPD-1 Werte in der Leber auf. Zusammenfassend zeigt die vorliegende Arbeit, dass sich Her2-AAV für den tumor-gerichteten Transfer von Immuncheckpoint-Inhibitoren eignet. Die in dieser Arbeit entwickelten AAV-Vektoren liefern die Grundlage, auf der weiterführende Studien durchgeführt werden können, um letztendlich die Sicherheit und Wirksamkeit von Vektor-vermittelter mit systemischer Immuncheckpoint-Blockade vergleichen zu können. | German |