Im visuellen System der Katze können die Feuerraten individueller Neuronen bereits in sehr frühen Verarbeitungsstufen beeinflusst werden, wenn zusätzlich zur Stimulation des klassischen rezeptiven Feldes ein weiterer Stimulus außerhalb dieses Feldes präsentiert wird. Es wird vermutet, dass diese kontextuellen Effekte für Verarbeitungsprozesse, die der Figur-Grund Unterscheidung und/oder der Objekt-Segregation zugrunde liegen, von Bedeutung sein könnten. Das Hauptthema der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob der Kontext, in den ein visueller Reiz eingebettet ist, auch die synchrone Aktivität zwischen mehreren, zeitgleich abgeleiteten Zellen moduliert. Zu diesem Zweck wurden im primären visuellen Kortex von anästhesierten Katzen bis zu 32 Zellgruppen gleichzeitig abgeleitet. Die rezeptiven Felder aller abgeleiteten Neuronen wurden mit einem einzelnen sich bewegenden Vordergrundgitter stimuliert, welches die optimale Vorzugorientierung für die Mehrheit aller abgeleiteten Neuronen hatte. Dieses Vordergrundgitter wurde in ein zweites, sich bewegendes Hintergrundgitter eingebettet. Die zwei wichtigsten Ergebnisse lauten wie folgt: 1. Je kleiner die Orientierungsdifferenz zwischen den Balken des Vordergrundgitters und denen des Hintergrundgitters ist, umso stärker wird die Feuerrate der abgeleiteten Neuronen durch das Hintergrundgitter inhibiert. Bei gleicher Orientierung von Vordergrund und Hintergrund beträgt der Grad der Inhibition nahezu 25% verglichen mit einer alleinigen Stimulation durch das Vordergrundgitter. Diese Iso-Orientierungs-Inhibition wird schwächer mit zunehmender Orientierungsdifferenz zwischen Vordergrund und Hintergrund. Gleichzeitig ändert sich die Stärke der Synchronisation zwischen den Zellen nur geringfügig. 2. Vergrößert man bei gleicher Orientierung der Gitterbalken jedoch den Phasenwinkel zwischen Vordergrund- und Hintergrundgitter, hat dies keinen systematischen Einfluss auf die Feuerrate der abgeleiteten Neuronen. In diesem Fall konnte jedoch eine starke Zunahme der Korrelationsstärke zwischen den abgeleiteten Neuronen nachgewiesen werden. Bei maximalem Phasenwinkel von 180° war die Synchronisation zwischen den Zellen bis zu 38% stärker als bei einem Phasenwinkel von 0°. Diese Ergebnisse lassen die Vermutung zu, dass bei der neuronalen Repräsentation von visuellen Reizen, neben der Kodierung durch eine Modulation der Feuerrate zusätzlich die Kodierung durch eine exakte zeitliche Strukturierung der einzelnen Aktionspotentiale genutzt wird. | German |