Abstract: |
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Problem der Veränderungen des Stabilitätsgebiets und der Lösungen von Funktionaldifferentialgleichungen bei Variation des Delays. Das ist unter anderem dann von Interesse, wenn man den Drehprozess in der Metallverarbeitung mit der Umdrehungsdauer als Delay modelliert. In der anwendungsorientierten Literatur wird fast ausschließlich mit konstanten Delays gerechnet, obwohl man stets mit Drehzahlschwankungen in der Größenordnung von 2% zu rechnen hat. Hat man eine Untersuchung der Stabilitätsgebiete mit konstanten Delays vorgenommen, stellt man eine Abweichung der Messergebnisse von der Theorie fest. Als mögliche Ursache wurde in vorhergehenden Arbeiten die Schwankung des Delays r genannt. Die Zielsetzung der Dissertation war es, den Einfluss eines variablen Delays auf die Stabilitätsanalyse und die Lösungen einer solchen Modellgleichung zu klären. Um das Problem der Delayschwankungen analytisch erfassen zu können, wurde ausgehend von einem System mit einem Freiheitsgrad x ein Ansatz mit einem zweiten Freiheitsgrad Phi, dem Rotationsfreiheitsgrad des Werkstücks, und einem zustandsabhängigen Delay r(Phi_t) gewählt, wobei Phi_t die Vergangenheit von Phi(t) enthält. Das führte zu einer Funktionaldifferentialgleichung mit zustandsabhängigem Delay. Das dabei entstandene Delayfunktional r spielt die entscheidende Rolle. Der Nachweis der Differenzierbarkeit des Delayfunktionals unter schwachen Voraussetzungen kann als zentrale Stelle der vorliegenden Arbeit gelten. Die Linearisierung der rechten Seite der RFDE konnte damit bestimmt werden, und es stellte sich heraus, dass es sich dabei um eine RFDE mit konstantem Delay handelt. Damit war es möglich eine Stabilitätsanalyse durchzuführen, die ergab, dass die zustandsabhängige Variation des Delays keinen Einfluss auf die lineare Stabilität hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass Delayvariationen keinen Einfluss auf den Verlauf der Lösungen haben, da sie als nichtlineare Einflüsse bei der linearen Stabilitätsanalyse außen vor bleiben. Über die Stabilitätsanalyse hinaus konnte eine Hopfbifurkation an der Stabilitätsgrenze in Abhängigkeit eines für den Anwender wichtigen Parameters k nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass die Nulllösung der nichtlinearen Gleichung beim Überschreiten der Stabilitätsgrenze in eine instabile Nulllösung und eine periodische Lösung verzweigt. Diese periodische Lösung muss zwingend gegen Null strebende maximale Amplituden haben, wenn k von der instabilen Seite gegen die Stabilitätsgrenze strebt. Es wäre also denkbar, dass ein Streifen signifikanter Breite oberhalb der Grenze existiert, innerhalb dessen die periodische Lösung numerisch und experimentell als stabile Nulllösung fehlinterpretiert werden könnte. Schließlich wurde noch ein numerisches Lösungsverfahren verwendet, um Lösungen in der Nähe der Nulllösung zu visualisieren. Dabei ergab sich, dass tatsächlich Lösungen im instabilen Bereich zu existieren scheinen, die nahe am technisch relevanten Bereich starke Unterschiede zur Lösung der Linearisierung aufweisen. Insgesamt sind mit der vorliegenden Arbeit folgende Fortschritte erzielt worden: Die bisher offene Frage, ob Delayvariationen einen Einfluss auf die Stabilitätsgrenze haben, konnte weitgehend beantwortet werden. Im Falle autonomer Störungen aus einem gekoppelten zweiten Freiheitsgrad heraus ist keine Veränderung der Stabilitätsgrenze zu erwarten. Nichtautonome Störungen des Delays selbst, also ein explizit zeitabhängiger Delay, sind im vorliegenden Modell nicht enthalten. Sie stellen eine sehr künstliche Konstruktion dar, da man den Delay selbst nicht als zugängliche physikalische Größe vorliegen hat. Das zeigt sich durch den komplexen Zusammenhang zwischen der Drehwinkelfunktion mit dem Delay. Das entstandene Modell ist offen für die Implementierung weiterer Freiheitsgrade sowie nichtautonomer Störungen aller vorhandenen Freiheitsgrade. Ein weiterer Erfolg ist es, dass der Einfluss der Delayvariation im Rahmen einer nichtlinearen Analyse ein Stück weit geklärt werden konnte. Das ist schon bei ODE's eine sehr komplexe Aufgabe, weshalb der Nachweis der Hopfbifurkation als großer Fortschritt gewertet werden muss. |
Alternative Abstract: |
Alternative Abstract | Language |
---|
The present work is dedicated to the problem of changes of stability regions and solutions of functional differential equations under variation of the delay. This is of interest, e.g. if the turning process in metal working industry is modeled with the turning time as the delay. In application-oriented literature the constant delay is used nearly exclusively, even though it comes quite often to turning-time-variations of approximately 2%. If the stability-chart has been calculated with constant delay there are discrepancies between model and theory. As one possible reason the variations of the delay $r$ have been mentioned in previous works. The aim of the present work was to clarify the influence of a variable delay on the outcomes of a stability analysis and the solutions of such a model-equation. To catch hold of the problem of a varying delay analytically, based on a system with one degree of freedome x, an ansatz with a second degree of freedom Phi and a state dependent delay r(Phi_t) has been chosen, while Phi means the angle of rotation of the workpiece and Phi_t contains the past of Phi(t). This leads to a retarded functional differential equation (RFDE) with state dependent delay. The delay-functional which has been developed for this matter plays the crucial role. The proof of the differentiability of this functional may pass for the central theorem of the present work. It was possible to calculate the linearization and the linearization was proved to be a RFDE with constant delay. This allowed to accomplish a stability analysis, which has shown, that the state dependent delay variation has no influence on linear stability. This doesn't mean that state dependent delay variations have no effect on the solutions, because as nonlinear terms they naturally are not taken into account on linear stability analysis. Beyond the stability analysis a Hopf-bifurcation in dependence of an important user-related parameter $k$ has been proven. This means, at the stability-border the stable zero-solution of the nonlinear equation underlies a bifurcation into an unstable zero-solution and a periodical solution. The amplitudes of this periodical solution must tend strictly to zero if k tends to the stability-border from the unstable side. Hence it is possible that above the stability-border there exists a stripe of significant broadness, in terms of k, in which the periodical solution could be misinterpreted as a zero-solution in experiments and numerical analysis. Finally the solutions of the RFDE near the zero-solution have been calculated and visualized with a numerical solver. Hence follows that there are numerical solutions of the nonlinear equation which differ very much from the solutions of the linearization. Altogether the following progresses have been made with the present work: The hitherto open question wether delay-variations have influences onto the stability-border has been answered widely. In the case of autonomous disturbances out of a second degree of freedom there is no influence on stability. The model doesn't include non-autonomous disturbances of the delay itself, say an explicit timedependent delay. This is a very artificial construction, because the delay isn't accessible directly as a physical value. This shows in the complex interdependence of the turning-angle-function and the delay. The new model is open for implementation of more degrees of freedom and as well as non-autonomous disturbances of any degree. It is also a success that the influence of the delay-variations have been recovered a bit further in a nonlinear analysis. This is a complex task even with ODE's, wherefore the verification of the Hopf-bifurcation has to be valued as a great success. | English |
|