Ein Großteil der Biomasse der Bodenmakrofauna in gemäßigten Regionen der Erde wird von Regenwürmern gebildet. Vor allem Regenwurmarten mit anözischer Lebensweise, wie Lumbricus terrestris, tragen durch Fraß und Grabtätigkeit erhebliche Mengen an Laubstreu in den Mineralboden ein, während endogäisch lebende Arten, wie Octolasion tyrtaeum, große Mengen an Mineralboden umsetzen. Durch die umfangreiche Durchmischung der oberen Mineralbodenhorizonte spielen vor allem endogäische Regenwürmer eine wichtige Rolle bei der Bodenbildung. In vielen terrestrischen Ökosystemen wird ein Großteil des jährlichen Streuabbaus durch Regenwürmer beeinflusst, bislang ist jedoch unklar inwieweit dies zu einer Mobilisierung oder Stabilisierung der organischen Bodensubstanz führt. In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Einflussfaktoren untersucht, welche die Rolle von Regenwürmern auf die Stabilität der organischen Bodensubstanz beeinflussen können. Hierzu wurden sechs Experimente durchgeführt. Es wurde der Einfluss von Sand auf die mikrobielle Gemeinschaft (1) und die Stabilität der organischen Substanz (2) in Kotaggregaten von L. terrestris untersucht, weiterhin der Einfluss der Qualität der Streu (3) und der Verfügbarkeit von unterem Mineralboden (4) auf die Effekte von O. tyrtaeum auf die organische Bodensubstanz, sowie die Fähigkeit von O. tyrtaeum stabile C-Pools zu mobilisieren (5), und der Einfluss der Größe und Qualität des Pools an organischer Bodensubstanz auf O. tyrtaeum (6).(1) In diesem Experiment wurde die Auswirkung der Verfügbarkeit von Sand während der Darmpassage auf die mikrobielle Gemeinschaft in Kotaggregaten von L. terrestris untersucht. Die Analyse von Phospholipid-Fettsäure-Mustern (PLFA) von intakten Aggregaten und Korngrößenfraktionen diente zur Unterscheidung der mikrobiellen Gemeinschaften des Regenwurmkotes und der des Bodens. Die verstärkte Zerkleinerung der Streu während der Darmpassage führte zu einer Erhöhung der pilzlichen Biomasse in der Schluff-Fraktion. In der Grobsand- und Feinsand-Fraktion enthaltene Streu wird vor allem durch Pilze abgebaut. In diesen Fraktionen war die pilzliche Biomasse durch die verstärkte Inkorporation der Streu durch L. terrestris erhöht. Die organische Substanz in Regenwurmkotaggregaten wird überwiegend in der Ton-Fraktion stabilisiert, vermutlich bedingt durch eine verringerte Zugänglichkeit für Mikroorganismen. Durch eine mechanische Zerstörung der Kotaggregate wird der Abbau der darin eingeschlossenen organischen Substanz wieder erhöht. (2) In einem Inkubationsexperiment wurden die Effekte von Sand auf die C-Mineralisation in Boden- und Kotaggregaten von L. terrestris eines Acker- und eines Waldbodens untersucht. Die Erhöhung der Sandkonzentration führte zu einem Anstieg der C-Mineralisation, jedoch auch zur verstärkten Aufnahme und Zerkleinerung der Streu durch L. terrestris. Im Allgemeinen war die C-Mineralisation unter dem Einfluss von Sand erhöht, wobei der mobilisierende Effekt von Sand im tonreicheren Waldboden geringer war. Die Ergebnisse zeigen, dass die Stabilität der organische Bodensubstanz im Regenwurmkot entscheidend von dem Ton-Gehalt des Bodens und der Konzentration an verfügbaren Nährstoffen abhängt. (3) Die Effekte der Streuqualität in Verbindung mit O. tyrtaeum auf die Mineralisierung von C und N wurden in zwei Experimenten mit Acker- bzw. Waldboden untersucht. Der Einfluss von O. tyrtaeum auf die N-Mineralisation variierte mit der Art und Qualität der Streu; die Regenwürmer wirkten hierbei einer N-Immobilisierung im Boden durch stickstoffarme Streu entgegen. Die Biomasse von O. tyrtaeum wurde durch Streu von geringer Qualität gefördert, was vermutlich auf einer erhöhten Verfügbarkeit von C-Ressourcen beruhte. Im Vergleich zur N-, war die C-Mineralisation nur gering durch das Zusammenwirken von Regenwürmern und Streu unterschiedlicher Qualität beeinflusst. (4) Der Einfluss von O. tyrtaeum auf die Mineralisierung von C, N und Lignin wurde im Hinblick auf die Verfügbarkeit von unterem Mineralboden untersucht. Die enge Verbindung von organischem Material mit der Matrix des unteren Mineralbodens während der Regenwurmdarmpassage erhöhte die Stabilität des Kohlenstoffs im Regenwurmkot. Der untere Mineralboden fungiert hierbei als C-ungesättigte Matrix. Der Gehalt an stabilisierter organischer Substanz dürfte vermutlich solange ansteigen, bis die mineralische Matrix durch die durchmischende Funktion der Regenwürmer gesättigt ist. Dieser Prozess der Durchmischung und Anreicherung wird mit der Zeit zur Entstehung von Mullböden mit hohem organischem Gehalt führen. (5) In diesem Experiment wurde die Fähigkeit von O. tyrtaeum untersucht stabile Pools der organischen Bodensubstanz zu mobilisieren. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass engogäische Regenwürmer stabile Kohlenstoff-Pools mobilisieren können; weitere Experiments sind jedoch erforderlich zur Verifizierung dieser Vermutung. (6) In diesem Experiment wurde der Einfluss der Qualität und Größe des Pools an organischer Bodensubstanz auf das Wachstum von juvenilen O. tyrtaeum untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl für Mikroorganismen als auch für endogäische Regenwürmer das Vorhandensein eines labilen Pools an organischer Bodensubstanz essentiell ist. Regenwürmer und Bodenmikroorganismen konkurrieren um diese Nahrungsquelle. Der organische Gehalt des Bodens und vor allem die Verfügbarkeit von C-Quellen ist entscheidend für die Etablierung endogäischer Regenwurmpopulationen, welche die Nährstoff-Verfügbarkeit erhöhen und sich somit positiv auf Bodenfruchtbarkeit und Pflanzenproduktion auswirken. | German |