Schäfer, Jan-Lukas (2024)
Chemische Vernetzung von photo-reaktiven Copolymeren in cellulosebasiertem Papier – auf dem Weg zu einem besseren Verständnis der Nassfestigkeitseigenschaften und multifunktionalen Papieren.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00026507
Ph.D. Thesis, Primary publication, Publisher's Version
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Item Type: | Ph.D. Thesis | ||||
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Type of entry: | Primary publication | ||||
Title: | Chemische Vernetzung von photo-reaktiven Copolymeren in cellulosebasiertem Papier – auf dem Weg zu einem besseren Verständnis der Nassfestigkeitseigenschaften und multifunktionalen Papieren | ||||
Language: | German | ||||
Referees: | Biesalski, Prof. Dr. Markus ; Andrieu-Brunsen, Prof. Dr. Annette | ||||
Date: | 26 January 2024 | ||||
Place of Publication: | Darmstadt | ||||
Collation: | x, 186, VII, Seiten | ||||
Date of oral examination: | 20 December 2023 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00026507 | ||||
Abstract: | Die Nutzung von grafischem Papier zum Bedrucken für den Schriftverkehr oder für Zeitungen ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen, während die Nachfrage nach Hygiene- und Spezialpapieren konstant geblieben bzw. leicht angestiegen ist.[2] Als mögliche Gründe hierfür können zum einen der Wandel hin zu einer digitalisierten Lebensweise und und zum anderen die zunehmende Substitution von Einwegprodukten aus Plastik mit Alternativen aus Papier, die durch die Herausforderungen der Klimakrise verstärkt wird, angeführt werden. Papier zeichnet sich hierbei als biogenes, biologisch abbaubares, rezyklierbares Material aus, welches im Herstellungsprozess über chemische Additive mit weiteren Eigenschaften versehen werden und somit für ein breites Anwendungsspektrum verfügbar gemacht werden kann. Das etablierte Nassfestmittel (NFM) Polyamidoaminepichlorhydrin (PAAE) wird industriell großflächig eingesetzt, da es eine sehr effiziente Möglichkeit der Nassverfestigung von Papier bietet. Nachteile dieses Additivs sind die gesundheits- und umweltschädlichen halogenhaltigen Nebenprodukte, die geringe Rezyklierbarkeit und der hohe Einsatz an Energie zur Trocknung und Vernetzung, die für die Wirkung maßgeblich ist. Daher rücken Alternativen zu etablierten Additiven, die biobasiert und darüber hinaus gesundheits- und umweltfreundlicher sind, mehr und mehr in den Fokus der Forschung. Zudem ist die Entwicklung von Papier mit verschiedenen Eigenschaften, so genannte multifunktionale Papiere, welche über die statischen Eigenschaften, wie zum Beispiel Nassfestigkeit, hinausgehen, ein vielversprechendes Forschungsfeld. Die Entwicklung solcher Additive wird jedoch durch das unvollständige Verständnis der festigkeitssteigernden Wirkung etablierter Systeme zurückgehalten. Im Hinblick auf die Multifunktionalität von Papier bestehen offene Forschungsfragen, wie Polymere mit Cellulosefasern und Papier interagieren und wie dynamische Eigenschaften gezielt gesteuert werden können. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, die Wechselwirkungen von Makromolekülen mit Cellulosefasern zu untersuchen, um ein tiefgehenderes Verständnis für die festigkeitssteigernde Wirkung und die Multifunktionalität von polymeren Additiven in Papier zu erhalten. Hierfür standen die folgenden Leitfragen im Fokus: • Welchen Einfluss hat die räumliche Verteilung des Copolymers im Fasernetzwerk (makroskopisch) und in den Fasern selbst (mikroskopisch) auf die makroskopischen Festigkeitseigenschaften? • Welche Wechselwirkungen existieren zwischen dem Copolymer und den Cellulosefasern, welchen Einfluss hat dies und lässt sich der Transport des Copolymers durch das Fasernetzwerk gezielt steuern? • Welchen Einfluss hat die Vernetzung des Polymers auf die Quellungseigenschaften von Fasern und dem Fasernetzwerk? • Sind diese Quellungseigenschaften von der räumlichen (makroskopischen) Verteilung des Copolymers im Fasernetzwerk abhängig? • Können durch gezielte Polymerverteilungen in Papier multifunktionale Papiere mit feuchtigkeitsresponsiver Bewegung realisiert werden? • Ist es möglich, das ungeladene Copolymer, analog zu etablierten Nassfestmitteln, über Masseapplikation in die Papiere einzubringen? • Welchen Einfluss hat das vernetzende Copolymer auf die physikalischen Eigenschaften einzelner Fasern? • Kann ein theoretisches Modell entwickelt werden, welches auf physikalischen Parametern beruht, die durch physikalische Untersuchungen auf der makroskopischen und mikrokopischen Skala ermittelt wurden? Ist dieses Modell in der Lage, die Zug-Dehnungseigenschaften der Papiere im trockenen und nassen Zustand vorherzusagen? Zur Erreichung des übergeordneten Zieles, die Nassfestigkeit von Papier detaillierter zu verstehen, wurden mehrere Strategien verfolgt. Im Laufe der Dissertation wurden die hierzu durchgeführten Arbeiten in wissenschaftlichen Journalen publiziert. Zunächst wurde das Copolymer mit einer fluoreszierenden Gruppe versehen, wodurch im Anschluss an die Modifikation der Papiere die örtliche Verteilung des Copolymers über konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie analysiert werden konnte. (siehe Publikation eins in Kapitel 4.1) Ein weiterer Teil der Arbeit bestand in der Erforschung thermisch vernetzender Copolymere als Nassfestmittel. Hierbei wurden zwei unterschiedliche Vernetzergruppen verwendet, um die Nassfestigkeit von Papier zu erhöhen. (siehe Publikation zwei in Kapitel 4.2) Die Analyse der örtlichen Verteilung wurde in beiden Publikationen zudem genutzt, um die Wechselwirkungen zwischen dem photovernetzenden Copolymer und den Cellulosefasern zu untersuchen. Auf Grundlage der Ergebnisse konnten gezielte Gradienten im Papier und darauf basierend ein Papieraktor realisiert werden, der makroskopische Bewegungen in Abhängigkeit der Luftfeuchtigkeit ausführt. (siehe Publikation drei in Kapitel 4.3) In gemeinsamen Arbeiten (siehe Publikationen vier und fünf in Kapitel 4.4) wurden physikalische Eigenschaften einzelner Fasern bei verschiedener Luftfeuchtigkeit mittels AFM analysiert und ein Modell entwickelt, mit dem die Stärke von Fasernetzwerken bei variierender Luftfeuchtigkeit simuliert werden kann. Durch Vorarbeiten mit dem photovernetzbaren Copolymer Poly(Dimethylacrylamidco- 4-Methacryloyloxybenzophenon) (P(DMAA-co-MABP)) als NFM konnte in dieser Arbeit auf ein etabliertes System als Modell-NFM zurückgegriffen und mit diesem weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Im Labormaßstab hergestellte Papiere aus Eukalyptussulfatzellstoff wurden über ein Imprägnierungsverfahren mit dem photovernetzenden Copolymer P(DMAA-co-MABP), gelöst in di. H2O, Isopropanol (IPA) und Butanol (BuOH), modifiziert. Die anschließend durchgeführten Zug-Dehnungsmessungen ergaben signifikant unterschiedliche breitenbezogene Bruchkräfte im trockenen und nassen Zustand, die den Trocken- bzw. Nassfestigkeiten der Papiere entsprechen. So konnte lediglich eine Applikation aus di. H2O die relative Nassfestigkeit des Papiers über den industriell relevanten Wert von 10-15 % anheben. Eine detailliertere Betrachtung der Zugeigenschaften ergab, dass mit der Applikation aus di. H2O die höchsten Nassfestigkeiten (8,9 N m g⁻¹ vs. 2,2 N m g⁻¹ für IPA und 1,4 N m g⁻¹ für BuOH), mit den Applikationen aus IPA und BuOH jedoch höhere Trockenfestigkeiten (46,3 N m g⁻¹ für IPA und 44,5 N m g⁻¹ für BuOH vs. 36,8 N m g⁻¹ für H2O) erzielt werden konnten. Um die Mechanismen genauer zu untersuchen, wurde das Copolymer mit einer fluoreszierenden Gruppe (Rhodamin B) versehen und mit Hilfe von CLSM die örtliche Verteilung des Copolymers im Fasernetzwerk und den Fasern analysiert. Eine Applikation aus H2O führte dazu, dass das Copolymer homogen in der Cellulosefaserwand und im Faserlumen verteilt vorlag, während die Nutzung der beiden Lösungsmittel IPA und BuOH zu einer inhomogenen Verteilung auf und zwischen den Fasern im Netzwerk führte. Der Hauptgrund, der für die Erklärung dieser Unterschiede herangezogen wurde, ist das signifikant unterschiedliche Quellungsverhalten von Cellulosefasern in den unterschiedlichen Lösungsmitteln. Die organischen Lösungsmittel IPA und BuOH ermöglichen es den gelösten Copolymerketten demnach nicht, in die Faserwand zu diffundieren und dort zu vernetzen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde die Vernetzung des Copolymers im Bereich der Faser-Faser-Bindung zwischen zwei Faserwänden als wichtiger Aspekt bei der Entstehung der Nassfestigkeit von Papier bei Nutzung dieses Copolymers benannt. Für die Trockenfestigkeit scheint es dagegen wichtiger zu sein, dass das Copolymer die Faser-Faser-Bindungen „ummantelt “. Analog zum thermisch vernetzenden etablierten NFM PAAE wurden zwei Copolymere mit thermisch vernetzenden Diazo-Funktionalitäten (MAz - 1-(4-(Methacryloyloxy)butyl)-3-methyl-2-diazomalonat und PEDAz - 2-(2-Diazo-2-phenylacetoxy)ethyl methacrylat) für die Nassverfestigung von Papieren untersucht. Dabei wurden die Copolymere zunächst auf Cellulosemodelloberflächen appliziert und im Anschluss vernetzt. Durch Variation der Vernetzungszeit, anschließende Extraktion und Ellipsometrie-Untersuchungen wurde die Vernetzungskinetik der beiden Copolymere ermittelt. Beide Vernetzer bildeten in weniger als zehn Minuten kovalente Bindungen zur Cellulosemodelloberfläche aus, wodurch die Anwendung als NFM motiviert wurde. Analog zur vorherigen Veröffentlichung wurden die Copolymere ebenfalls mit einer fluoreszierenden Gruppe (Rhodamin B) ausgestattet. Durch Modifikation von Laborpapieren mit diesen Copolymeren, variierenden Vernetzungszeiten und Temperaturen konnte anhand der Fluoreszenzintensität und gravimetrischer Untersuchungen die Vernetzungskinetik der Copolymere in Papier analog zur Modelloberfläche untersucht werden. Dabei konnte bestätigt werden, dass die Copolymere kovalent an die Cellulosefasern angebunden werden. Zudem wurde die Kinetik der Anbindung verfolgt und beobachtet, dass diese, verglichen mit den Modelloberflächen, im Papier langsamer erfolgt, was auf den unterschiedlichen Wärmetransport zurückgeführt wurde. Durch Modifikation von Papieren aus Eukalyptussulfatzellstoff mit den Copolymeren konnte die Veränderung der Zug-Dehnungseigenschaften untersucht werden. Analog zum photovernetzenden Copolymer aus Veröffentlichung eins konnten signifikante Erhöhungen der Trockenfestigkeit im Vergleich zu Referenzpapieren (12,1 N m g⁻¹) bei MAz (20,7 N m g⁻¹) und PEDAz (40,5 N m g⁻¹) beobachtet werden. Zudem konnte die Nassfestigkeit von Referenzpapieren mit 0,2 N m g⁻¹ auf 7,1 N m g⁻¹ für MAz bzw. 11,7 N m g⁻¹ für PEDAz gesteigert werden. Die prozentual unterschiedlichen Erhöhungen wurden mit den Molekulargewichten und damit einhergehenden Kettenlängen der beiden Copolymere mit MAz (Mn = 31 kg mol⁻¹) und PEDAz (Mn = 64 kg mol⁻¹) erklärt. Mit steigender Kettenlänge steigt der Vernetzeranteil und damit die mögliche Netzwerkdichte, die die Stärke des Fasernetzwerks im trockenen und nassen Zustand beeinflusst. Analog zum etablierten NFM PAAE konnten Copolymere mit zwei thermisch vernetzenden funktionellen Einheiten zur Nassverfestigung von Papier verwendet werden. Trotz der in dieser Arbeit notwendigen hohen Vernetzungszeit und Temperatur, kann die Untersuchung dieser als Modellsysteme zur Entwicklung umweltfreundlicher und gesundheitlich unbedenklicher NFM verwendet werden. Die Verwendung des photovernetzenden Copolymers als NFM in Papier wurde in weiteren Arbeiten untersucht, um folgende offene Fragestellungen zu adressieren: Welchen Einfluss hat die Menge an Copolymer auf die physikalischen Eigenschaften?; Lässt sich das Adsorptions- und Transportverhalten des Copolymers im Cellulosefasernetzwerk detailliert beschreiben?; Ist es möglich, mit diesem Wissen den Transport und im nachgelagerten Schritt die Vernetzung gezielt zu steuern und welche Eigenschaften ergeben sich daraus für die modifizierten Papiere?; Kann dieses Wissen für die Herstellung von einlagigen stimuli-responsiven Papieraktoren verwendet werden? Es wurde gezeigt, dass der Copolymergewichtsanteil im Papier linear mit der Konzentration des Copolymers in Lösungen aus di. H2O und IPA ansteigt, wobei die Applikation aus wässrigen Lösungen bei ähnlicher Konzentration stets zu höheren Gewichtsanteilen führte. Anschließend durchgeführte Zug-Dehnungsmessungen zeigten einen linearen Verlauf der Trockenfestigkeit, wobei die Ergebnisse der ersten Veröffentlichung bestätigt werden konnten: Copolymerlösungen aus IPA mit ähnlichem Gewichtsanteil Copolymer führen zu einer höheren Trockenfestigkeit, verglichen mit wässrigen Lösungen. Dahingegen kann lediglich das Copolymer gelöst in di. H2O die Nassfestigkeit in dem Maße erhöhen, dass die Papiere als „nassfest“ gelten. Des Weiteren wurde die Copolymerverteilung im Fasernetzwerk entlang der z-Richtung der Papiere untersucht, wobei beobachtet wurde, dass eine homogene Verteilung erst bei ausreichend hoher Konzentration bzw. Copolymergewichtsanteil erreicht werden kann. In Kombination mit den gesteigerten Werten der Trocken- und Nassfestigkeit wurde die Hypothese aufgestellt, dass auch eine inhomogene Modifikation des Papiers mit dem Copolymer entlang der z-Achse ausreicht, um die physikalischen Eigenschaften positiv zu verändern, solange die Modifikation in Form einer durchgängigen Copolymerschicht erfolgt. Das Adsorptionsverhalten des ungeladenen Copolymers an Cellulosefasern wurde mit Hilfe einer veränderten Trocknungsmethode untersucht. Hierbei wurden die Transportprozesse an unterschiedlichen Stellen der Trocknungsphase durch Gefriertrocknen unterbrochen. Nach anschließender UV-Vernetzung und Vorbereitung von Querschnitten wurde eine qualitative Analyse der Wechselwirkungen zwischen dem Copolymer und den Cellulosefasern mittels CLSM durchgeführt. Die Ergebnisse führten zu der Hypothese, dass zwischen den gelösten Makromolekülen und den Cellulosefasern keine attraktiven Wechselwirkungen bestehen. Beim Trocknungsprozess wird das Copolymer mit dem Lösungsmittel transportiert. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurden Papiere mit einer definierten Copolymerverteilung im Papier hergestellt. Dies wurde realisiert, indem die Papiere bei der Trocknung auf einer Teflonplatte lagen, wodurch der Lösungsmitteltransport in diese Richtung eingeschränkt war. Die so hergestellten Papiere mit definierten Copolymergradienten entlang der z-Richtung wurden in ersten Versuchen als luftfeuchtigkeitsresponsive Papieraktoren evaluiert. Hierbei zeigte sich, dass Papiere mit dem Copolymer aus IPA eine signifikant größere Auslenkung zeigten (35 mm) verglichen mit aus di. H2O (9 mm) imprägnierten, wenn die Luftfeuchtigkeit von 90 auf 20 %RH verringert wurde. Die IPA-Proben zeigten weiterhin eine reproduzierbare Auslenkung bei Veränderung der Luftfeuchtigkeit in Zyklen, wobei mit steigender Anzahl an Zyklen eine ausgeprägte Hysterese erkennbar war. In dieser Arbeit konnten weitere Erkenntnisse gewonnen werden, wie das Copolymer mit den Cellulosefasern wechselwirkt und wie die Veränderungen der Trocken- und Nassfestigkeiten erklärt werden könnten. Zudem konnte ein papierbasierter Aktor realisiert werden, der bei Veränderung der Luftfeuchtigkeit makroskopische Bewegungen ausführt. Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation wurden in zwei Arbeiten die mechanischen Eigenschaften einzelner Cellulosefasern und des Fasernetzwerks bei unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit untersucht. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde im nächsten Schritt ein Modell entwickelt, um die physikalischen Eigenschaften von Papier zu simulieren. Um die Eigenschaften einzelner Fasern zu untersuchen, wurden nanomechanische Untersuchungen mittels AFM an aus Baumwolle gewonnen Cellulosefasern durchgeführt. Mit Hilfe von Nanoindentationsmessungen konnte der Elastizitätsmodul (E-Modul) entlang der Fasern bestimmt werden. Es konnte beobachtet werden, dass die lokale Verformung von Cellulosefasern abhängig von der relativen Luftfeuchtigkeit ist und die ermittelten Spannungs-Dehnungs-Kurven ähnliche Trends, wie die bei Biegeversuchen erhaltenen E-Moduln aufweisen. Im nächsten Schritt wurden diese Ergebnisse verwendet, um ein Modell eines Fasernetzwerks zu erstellen. Um die unterschiedliche relative Luftfeuchtigkeit zu simulieren, wurde die Bindungskraft zwischen zwei Fasern und der E-Modul einzelner Fasern variiert. Die simulierten Ergebnisse zeigten eine signifikante Steigerung der maximalen Zugkraft mit Erhöhung des E-Moduls, wobei die maximale Dehnung stetig abnahm. Bei Vergleich der simulierten Zug-Dehnungsmessungen mit experimentell ermittelten Daten fiel auf, dass das Modell bei 50 %RH gute Übereinstimmungen, bei 90 %RH signifikant niedrigere Werte für die maximale Zugkraft zeigte. Dies wurde auf die intrinsische Inhomogenität und mögliche Beschädigungen von Cellulosefasern zurückgeführt, welche sich bei AFM-Messungen bei höherer Luftfeuchtigkeit signifikant auf den E-Modul auswirken. Bevor Papier aus Fasern hergestellt werden kann, werden die Fasern über aufwändige Prozesse vorbereitet. Über Nanoindentationsmessungen wurde der Einfluss dieser Prozessierung auf den E-Modul und die Eindringtiefe der AFM-Nadel bei Untersuchung von Baumwoll-Linters-Fasern nachgewiesen. Die prozessierten Fasern zeigten deutlich verringerte E-Moduln und erhöhte Eindringtiefen. Im gequollenen Zustand konnte weiterhin beobachtet werden, dass der E-Modul deutlich stärker abfiel und die Eindringtiefe deutlich stärker anstieg, verglichen mit den unprozessierten Fasern. Diese Ergebnisse wurden mit der vollständigen Entfernung der äußersten so genannten C- und P-Schichten der Cellulosefasern erklärt, wodurch diese in Kontakt mit Wasser stärker quellen können. Neben den Veröffentlichungen wurden im Rahmen der Doktorarbeit weitere Untersuchungen durchgeführt, welche in den folgenden Abschnitten zusammengefasst werden. In weiteren Vorarbeiten mit dem photovernetzenden Copolymer wurden H2O-gequollene Papierproben für unterschiedliche Zeiten in Polymerlösungen unterschiedlicher Konzentrationen imprägniert und die resultierenden Gewichtsanteile und Zug-Dehnungseigenschaften bestimmt. Hierbei konnte beobachtet werden, dass das Copolymer entlang des Konzentrationsgradienten über osmotisch getriebene Diffusion in das Fasernetzwerk transportiert wurde. Die so erreichbare Trocken- und Nassfestigkeit war vergleichbar mit der von Papieren aus Veröffentlichung drei (siehe Abschnitt 4.3). Zudem konnte die zuvor beobachtete Abwesenheit von Wechselwirkungen zwischen Copolymer und Cellulosefasern bestätigt werden. Basierend auf den hohen erreichbaren Werten der Nassfestigkeit durch Imprägnierung, wurden erste Versuche mit dem photovernetzenden Copolymer als NFM in der Masseapplikation durchgeführt. Es war möglich, die Retention des Copolymers im Papier zu steigern, indem die Fasersuspension mit dem Copolymer vor der Blattbildung mit UV-Licht (λ = 365 nm) vorvernetzt wurde. Dadurch konnte die Nassfestigkeit von 0,3 N m g⁻¹, auf bis zu 1,8 N m g⁻¹ gesteigert werden. Diese ersten Versuche und der Vergleich mit den hohen erreichbaren Werten der Nassfestigkeit der imprägnierten Papiere zeigen das Potenzial dieses Systems und die Relevanz der weiteren Erforschung. In der vorliegenden Arbeit wurden photochemisch und thermisch vernetzende Copolymere als Modelle für Nassfestmittel zur Steigerung der Nassfestigkeit von Papier und zur Entwicklung multifunktionaler Papiere verwendet. Ausgehend von diesen Erkenntnissen und den weiterführenden Herausforderungen im Kontext nachhaltiger Nassfestmittel und papierbasierter Aktoren lassen sich folgende Fragen ableiten: • Welche Kräfte wirken zwischen Cellulosefasern, welche Rolle spielt die Interdiffusion auf molekularer Ebene und wie können diese Kräfte durch Wechselwirkungen von Polymeren mit Cellulosefasern verstärkt werden? Untersuchungen von Faser-Faser-Bindungsflächen mittels SEM, AFM und FRET bieten vielversprechende Ansätze, diese Fragen zu adressieren. • Welchen Einfluss haben polymerspezifische Parameter, wie der Anteil hydrophiler und hydrophober Gruppen und das Molekulargewicht auf die Wechselwirkung mit Cellulosefasern? • Wie können mit diesem Wissen statische (z.B. Nassfestigkeit) und dynamische (z.B. Quellung) Eigenschaften der Fasernetzwerke gezielt gesteuert werden? • Können die in dieser Arbeit gewonnen Erkenntnisse auf die Forschung und Entwicklung biogener NFM angewandt werden? • Welche Mechanismen beeinflussen die Retention von ungeladenen Polymeren und Fasern während der Papierherstellung und kann diese optimiert werden? |
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Alternative Abstract: |
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Status: | Publisher's Version | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-265074 | ||||
Classification DDC: | 500 Science and mathematics > 500 Science 500 Science and mathematics > 540 Chemistry |
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Divisions: | 07 Department of Chemistry > Ernst-Berl-Institut > Fachgebiet Makromolekulare Chemie 07 Department of Chemistry > Ernst-Berl-Institut > Fachgebiet Makromolekulare Chemie > Macromolecular and paper chemistry |
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Date Deposited: | 26 Jan 2024 13:10 | ||||
Last Modified: | 30 Jan 2024 07:03 | ||||
URI: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/id/eprint/26507 | ||||
PPN: | 515102423 | ||||
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