Spiegelschwankungen geschlossener Seen, wie z.B. des Lisan Sees im Nahen Osten (80-15 ka BP ), sind Ausdruck der klimatischen Veränderungen von Evaporations- und Präzipitationsmustern. Zusätzlich könnten sich in einem pull-apart-Becken, wie dem Toten Meer, tektonische Aktivität auf den Wasserspiegel (heute bei -423 m in Bezug zum mittleren Meeresspiegel) auswirken. Der Rückgang des Lisan Sees hat sowohl mächtige Sedimentablagerungen als auch Serien von Uferterrassen hinterlassen. Die Höhenbestimmung dieser Terrassen und ihre Datierung ermöglichen die Rekonstruktion des Seespiegls und gibt Informationen über Klimawechsel und tektonische Aktivitäten während des letzten Glazials. Gegen Ende des Pleistozäns ging der Lisan See stark zurück und wurde vor etwa 10000 Jahren durch den heutigen Wasserkörper, das Tote Meer, ersetzt. Beide Seen erlebten mehrfach Trans- und Regressionen auf Grund von klimatischen Änderungen. Allerdings ist die heute zu beobachtenden Regression des Toten Meeres, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts bereits mehr als 30 m beträgt, hauptsächlich auf die Frischwasserentnahme in den Oberläufen des Jordans und auf die Entnahme von Seewasser durch die Salzindustrie im Südteil des Toten Meer Beckens zurückzuführen. Dieser rezente Seespiegelrückgang hat ebenfalls eine einmalige Serie von Uferterrassen hinterlassen, an der man die jetzige anthropogen verursachte Regression im Detail untersuchen kann. Diese Dissertation beschäftigt sich daher (1) mit den jüngsten Änderungen des Spiegels des Toten Meeres und dessen Ufermorphologie. Ein aus SRTM-Daten entwickeltes Geländemodell des Grabenbruches erlaubt die Ableitung von Flächen- und Volumenverlusten der verschiedenen Stadien der Regression des Sees; (2) mit der Untersuchung der Geomorphologie der Erosions-Terrassen des Lisan Sees (i.e., ihrer absoluten Höhe, ihrer Gradienten, und deren Breiten und Ausdehnung etc.) entlang des östlichen Ufers des Toten Meeres und deren Datierung. Dies dient der Rekonstruktion der Geschichte des Seespiegels und der paläoklimatischen Bedingungen; sowie (3) mit den geochemischen und mineralogischen Eigenschaften der Stromatolithe auf den Terrassen (durch AAS und XRD) und deren Signatur der stabilen Isotope. Dies soll weitere Indikatoren für die Rekonstruktion der Seespiegel- und geochemischen Geschichte wie auch für die Rekonstruktion der Paläoumwelt und des Paläoklimas geben. Die Untersuchungen haben fünf Hauptergebnisse erbracht: (1)Die neu-gebildeten Terrassen des jetzigen Toten Meeres (die z.T. nur einen einjährigen Seespiegelstillstand repräsentieren) konnten zum ersten Mal in ihrer Höhe eingemessen und zwischen den verschiedenen Delta-Schuttkörpern korreliert werden. Durch Korrelation mit der gemessenen Spiegelkurve (Hydrological Survey of Israel) wurden sie datiert und so die Zeiten ihrer Entstehung rekonstruiert (Abu Ghazleh et al., 2009a; Abu Ghazleh et al., 2010; 2011, Chapter 2). Morphologie und Bildungsgeschwindigkeit liefern interessante Analogien zu den älteren Terrassen des Lisan Sees und zu anderen Seen im Generellen. (2) Die Ermittlung der Volumens- und Flächenänderung als Funktion der Höhe des Gesamtbeckens aus SRTM Daten erlaubt die Berechnung der Wasserbilanz: Der mittlere Volumenverlust des Toten Meeres für die letzten 14 Jahre beträgt 0,47 km3/a. Da der Seespiegelrückgang durch seitlichen Zufluss von Grundwasser von ca. 0,5 km3/a gedämpft wird, müsste ein Kanal vom Roten Meer die Kapazität von ca. 1 km3/a haben, um den Seespiegel zu stabilisieren und von mindestens 1,3 km3/a, um den See auf eine „Betriebshöhe“ von ca. -400 m langfristig wieder aufzufüllen (Abu Ghazleh et al., 2010, 2011). Wenn auch die leer gelaufenen Grundwasserkörper wieder aufgefüllt wurden, kann langfristig ca. 1 km3/a Wasser zugeführt und zur Energiegewinnung genutzt werden. Ein im Prinzip wirklich nachhaltiges System, denn das zugeführte Wasser verdunstet und das zugeführte Salz ersetzt das durch die Salz-gewinnung im Südteil des Toten Meeres entzogene Salz. (3) Die morphologischen Parameter der im Südosten des Toten Meeres befindlichen Terrassen-Serien konnten an mehreren Profilen zum ersten Mal exakt vermessen und ihre Höhen mit einander korreliert werden (Abu Ghazleh & Kempe, 2009; Chapter 3). Damit konnte der auf der Westseite schlecht dokumentierte glaziale Hochstand von ca. -150 m bestätigt und über stromatolithische Krusten genauer datiert werden. Aber auch dies ist nicht der Höchststand im MIS 2, sondern es wurden weitere Terrassen bis auf die Höhe von -137 m entdeckt und auf 32 und 30 ka BP datiert, die anzeigen, dass der See wenigstens kurzeitig diese Marke erreicht hat. Eine zementierte Schotter-Terrasse auf -148 m, die in einer Erosionsnische erhalten ist und das Vorkommen von Stromatolithen zeigen an, dass der See hoch CaCO3-übersättigt war, d.h. das Wasser war vermutlich höher alkalisch als im heutigen See. (4) Erstmalig wurden deutliche Terrassen eines noch viel höheren Seestandes im Tayan Valley bis ca. 0 m nachgewiesen (Chapter 4). Auch diese Terrassen konnten an stromatolithischen Krusten erfolgreich U/Th-datiert werden. Sie gehören zur Frühphase des Lisan Sees um 79-76 ka BP und in den Übergang vom Samra Lake. Damit konnten neue Fixpunkte für die Seespiegelentwicklung gefunden werden und eine neue Kurve des Paläoseespiegels erzeugt werden. (5) Diese neue Seespiegelkurve erlaubt auch die Korrelation mit globalen Klimakurven: Während der warmen MIS 5 und 3 transgredierte der See, während die kälteren Abschnitte MIS 4 und 2 und die kalten Heinrich-Events 6, 5, 4, 3 und 2 mit Regressionen korrelieren. Dies zeigt die paläoklimatische Verbindung des Jordan Tales mit dem Monsun-geprägten Nord-Afrika und nicht so sehr mit dem Klima Europas und des Nord-Atlantiks. Die mineralogische Analyse und das Mg/Ca Verhältnis der Stromatolithe korrelieren ebenfalls sehr gut mit Transgression-Regression Phasen des Sees. Die Dominanz von Calcit in den Stromatolithen von -76 bis 0 m und die abgeleiteten niedrigen Mg/Ca Verhältnisse des Seewassers (i.e. ~2) implizieren einen hohen Frischwasserzufluss in den See während seines höchsten Standes. Ein hohes Mg/Ca Verhältnis des Seewassers von >7, abgeleitet aus der Analyse der Stromatolithen bei -350 m und Aragonit als einzige Mineral in dieser Probe, lässt auf einen geringen Frischwasserzufluss und hohe Evaporationsraten während der Regression schließen. Das abgeleitete niedrige Mg/Ca Verhältnis von Stromatolithen von -247 bis -101 m und die Existenz von Calcit als die Hauptmineralphase zeigen feuchte Klimabedingungen und eine Transgression auf über -137 m während des MIS 3 an. Höhere Aragonitgehalte in den Stromatolithen von -137 bis -154 m zeigt die Rückkehr zu trockeneren klimatischen Bedingungen und eine Regression des Lisan Sees zwischen 32 bis 22 ka BP (MIS 2) an. | German |