Das Peer-to-Peer (P2P)-Kommunikations-Paradigma bietet neue Möglichkeiten für die Verteilung von digitalen Inhalten über das Internet. Peer-to-Peer bündelt die Ressourcen der Teilnehmer im System und setzt diese effizient ein, um eine Datei an eine große Anzahl von interessierten Nutzern zu verteilen. Damit sind P2P-Systeme inhärent selbst-skalierend: Je mehr Teilnehmer dem System beitreten, desto höher die Anzahl der verfügbaren Ressourcen und desto besser die Verteilungsgeschwindigkeit. Jedoch profitieren nicht nur die Nutzer von P2P-Technologie; die Anbieter digitaler Medien (Content-Provider) können gerade durch die Nutzung dieser Ressourcen ebenfalls Upload-Kosten durch den Quellserver einsparen. Trotz dieser beachtlichen Vorteile gegenüber traditionellen Client/Server-Ansätzen können bestehende P2P-Inhaltsverteilsysteme, wie zum Beispiel das populäre BitTorrent-System, bezüglich der Downloadgeschwindigkeit und der Langzeitverfügbarkeit von Inhalten oftmals nicht mit ressourcenstarken Client/Server-Farmen wie RapidShare oder YouTube konkurrieren. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Leistungsfähigkeit eines Peer-to-Peer-Systems einzig und allein auf der Kooperati- onsbereitschaft der teilnehmenden Nutzer beruht. Jedoch neigen gerade die Endnutzer dazu, ihre Ressourcenbereitstellung bis auf ein Minimum zu reduzieren, solange kein Anreiz zur Kooperation besteht. Angesichts dieses Dilemma und der häufig zu beobachtenden Effizienzprobleme von P2P-Inhaltsverteilsystemen, ist daher zu vermuten, dass existierende Anreizmechanismen zur Erhöhung von Kooperation, wie z. B. der vorwiegend eingesetzte „Tit-for-Tat“-Mechanismus in BitTorrent, ihre Rolle gänzlich verfehlen. Genau an diesem Punkt setzt die vorliegende Dissertation an; dem Entwurf und der Konzeptionierung eines neuartigen Anreizmechanismus zur Förderung von nachhaltiger Kooperation, der sowohl höhere Downloadgeschwindigkeiten erzielen soll, als auch die Langzeitverfügbarkeit von Inhalten in P2P-Systemen verbessert. Um die Korrektheit der oben genannten Schlussfolgerungen wissenschaftlich zu untermauern, beschäftigt sich diese Arbeit zunächst mit der Validierung, Quantifizierung und Ursachenanalyse bestehender Effizienzprobleme in P2P-Inhaltsverteilsystemen. In diesem Kontext werden zwei Messstudien im populären BitTorrent-System durchgeführt, das den gegenwärtigen de-facto-Standard für moderne P2P-Inhaltsverteilung repräsentiert. Hierbei wird gezeigt, dass P2P-Systeme sowohl von gravierenden Geschwindigkeits- als auch Verfügbarkeitsproblemen betroffen sind. Durch die Messdatenanalyse kann des Weiteren belegt werden, dass diese Effizienzprobleme auf falsch gesetzte Anreize zur Kooperation zurückzuführen sind. Genauer betrachtet schafft es der Tit-for-Tat-Mechanismus nicht, Nutzern Anreize zur Kooperation zu geben, wenn diese ihren Dateidownload beendet haben. Jedoch sind genau diese Datenquellen, die so genannten „Seeder“, ausschlaggebend für die Downloadgeschwindigkeit und Verfügbarkeit von Inhalten in P2P-Systemen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird anschließend eine eingehende Analyse von möglichen Lösungsansätzen zur Schaffung von Anreizen für Seeder durchgeführt. In Folge dessen wird der mögliche Lösungsraum weiter eingegrenzt und es können grundlegende Lösungsanforderungen ermittelt werden. In diesem Zusammenhang werden sowohl drei „Torrent“-übergreifende Lösungsansätze als auch „Single-Torrent“-basierte Ansätze durch messdatengestützte Simulationen quantitativ untersucht. Hierbei bestätigt sich, dass bilaterale Anreizstrategien (wie z. B. Tit-for-Tat) gänzlich ungeeignet sind, um nachhaltige Kooperationen in P2P-Systemen zu fördern. Dies ist dadurch begründet, dass Nutzer sich oftmals nur einmal im P2P-System begegnen und keine Tauschgrundlage bezüglich bereits heruntergeladener Inhalte besitzen. Stattdessen kann aufgezeigt werden, dass ausschließlich multilaterale Anreizmechanismen das Potenzial aufweisen, langanhaltende Anreize für Seeder zu schaffen, und somit der Schlüssel zur Lösung der oben beschriebenen Effizienzprobleme sind. Mithilfe eines multilateralen Anreizmechanismus kann ein Nutzer beispielsweise Daten zu einem beliebigen Teilnehmer im System transferieren, um diese Kooperation dann von einem beliebigen Dritten (zu einem späteren Zeitpunkt) zurückzufordern. Anhand der ermittelten Anforderungen für eine konkrete Lösung beschäftigt sich der letzte Teil dieser Arbeit mit dem Entwurf und der Konzeptionierung eines neuartigen Anreizmechanismus namens „FairSwarm.KOM“. Im Gegensatz zu bestehenden Tit-for- Tat-Mechanismen, in denen die Nutzer keine Informationen über geschehene Kooperationen austauschen, und Anreizmechanismen, die jede Kooperation eines Teilnehmers im System öffentlich sichtbar machen (Virtual Currency), verwendet FairSwarm.KOM „Ein-Hop“-Nachbarschaften, um die Kooperationsbereitschaft einzelner Teilnehmer zu ermitteln. Es wird durch messdatengestützte Simulationen gezeigt, dass dieser Ansatz eine nahezu 100-prozentige Dateiverfügbarkeit in BitTorrent-Systemen garantiert und auch die Downloadgeschwindigkeit im Vergleich zu Tit-for-Tat-Mechanismen um mehr als 86 % verbessern kann. Zudem werden diese Eigenschaften erreicht, ohne dabei die Fairness Grundlagen des Systems zu verletzen und ohne einen signifikanten Kommunikationsoverhead im System zu erzeugen. | German |