Der Themenkomplex der Proteinfaltung kann aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Zum einen stellt sich die Frage, wie bei gegebener Aminosäuresequenz die für die biologische Funktion maßgebliche dreidimensionale Struktur bestimmt werden kann. Dies ist von enormem praktischen Interesse, da die experimentelle Strukturaufklärung von Proteinen zeitaufwändig und teuer ist, während die Sequenzierung vergleichsweise einfach und günstig möglich ist. Der zweite Aspekt ist der physikalische Vorgang der Faltung. Hierbei wird die native, biologisch aktive Struktur vielfach als bekannt vorausgesetzt. Auch dies ist von biologisch-medizinischer Bedeutung, da die Falschfaltung von Proteinen zu verschiedenen Krankheiten führen kann. Darüber hinaus ist der Faltungsvorgang als mesoskopisches System mit kooperativen Effekten auch von fundamentalem Interesse. Die vorliegende Doktorarbeit beleuchtet diese beiden Fragestellungen der Proteinfaltung. Zu Beginn werden sogenannte Strukturprofile definiert, die einerseits als Bindeglied zwischen Sequenz und Struktur in der Strukturvorhersage fungieren können, und andererseits Strukturinformation und, wie gezeigt wird, Faltungsinformation in komprimierter Form enthalten. Ein Engpass in der Strukturvorhersage ist der Übergang von grobkörniger zu detaillierter Strukturbeschreibung und die weitere Optimierung von Strukturen, deren generelle Faltung bereits der Zielstrukturentspricht. Da dieser Schritt sehr viel Rechenleistung in Anspruch nimmt, empfiehlt es sich, eine Vorauswahl der Strukturkandidaten zu treffen. An dieser Stelle kommen vorhergesagte Strukturprofile zum Tragen, die, wie in dieser Arbeit gezeigt wird, mit herkömmlichen Auswahlmethoden mindestens gleichwertig und unter bestimmten Bedingungen sogar deutlich überlegen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ursprungsmenge der Strukturkandidaten von nur mäßiger Qualität ist oder ein besonders striktes Kriterium an die Qualität der ausgewählten Strukturen angelegt wird. Eine wichtige Frage zum Faltungsprozess ist, inwiefern die gefaltete Struktur den Faltungsweg vorgibt und daher von chemischen Details der Aminosäuresequenz abstrahiert werden kann. Eine solche nativ-zentrierte Modellklasse sind sogenannte Go-Modelle, die zusätzlich auf dem Prinzip der minimalen Frustration beruhen und nur solche Kontakte zwischen Aminosäuren anziehend gestalten, die auch in der nativen Struktur bestehen. Im Gegensatz dazu können in dem hier vorgestellten Modell, welches auf Strukturprofilen beruht, auch nicht-native Wechselwirkungen auftreten. Anhand angepasster Sampling-Methoden wird dann für drei gut untersuchte Beispielproteine gezeigt, dass das Faltungsverhalten profilbasierter Modelle besser mit experimentell beobachtetem Verhalten und dem atomar aufgelöster Simulationen übereinstimmt als dies für das Go-Modell der Fall ist. Dies bezieht sich insbesondere auf die Kooperativität des Faltungsübergangs und das Vorhandensein von Sekundärstruktur im ungefalteten Zustand. Während ein einfaches auf paarweisen Kontakten basierendes Modell das Faltungsverhalten also nicht adäquat beschreiben kann, ist es dennoch möglich mit nativ-zentrierten Modellen, wie dem profilbasierten Modell, grundlegende Beobachtungen zu reproduzieren. | German |