Anaerobe Membranbioreaktoren (AnMBRs) können eine nachhaltige technologische Lösung bei der Schlammfaulung fettreicher Substrate auf industriellen Kläranlagen darstellen, indem sie einen weitgehenden Abbau organischer Substanz und eine ausreichende Prozessstabilität bei reduziertem Reaktorvolumen ermöglichen. Einschränkungen der Membranleistung durch Fouling und Einschränkungen der Abbauleistung durch Abnahme der Biomasseaktivität aufgrund hoher Scherkräfte im Membranmodul können hingegen den Nutzen reduzieren.
In dieser Studie wurden die Kinetik des biologischen Abbauprozesses in einem Faulreaktor mit Schlammrückhalt, mit der Behandlung von fetthaltigen Substraten verbundene Einschränkungen und Auswirkungen der Scherbeanspruchung auf die Biomasseaktivität und die Membranleistung untersucht. Dabei wurde ein Anaerobreaktor im Pilotmaßstab eingesetzt, bei dem der Schlammrückhalt durch einen Rotationsscheibenfilter mit Keramikmembranen realisiert wurde. Die Membranen hatten eine mittlere Porengröße von 0,2 µm und wurden bei mittleren Überströmungsgeschwindigkeiten zwischen 3,3 - 4,1 m/s betrieben. Ein Vergleich der erzielten Abbauleistung erfolgte mit konventionellen Reaktoren (CSTR). Alle Reaktoren wurden mit Mischungen aus Überschussschlamm und Flotatschlamm aus der Milchindustrie beschickt.
In beiden Reaktortypen folgte der CSB-Abbau einer Kinetik 1. Ordnung in Bezug auf das par-tikuläre Substrat. Die Abbauleistung im AnMBR entsprach der eines CSTR bei gleicher Feststoffverweilzeit (SRT). Der AnMBR konnte jedoch mit höheren Raumbelastungen betrieben werden. Bei hohen CSB-bezogenen Anteilen von Flotatschlamm über 0,85 konnten CSTRs mit BR,CSB,abb = 8,3 kg CSBabb/(m³∙d) bei SRT = 15 d betrieben werden, während Raumbelastungen von 11,2 kg CSBabb/(m³∙d) bei einem AnMBR mit HRT = 10 d und SRT = 15 d erzielt wurden.
Prozessgrenzen, -instabilitäten und eintretende Hemmungen wurden durch die Auswertung des Verhältnisses von SMA zur mittleren Acetatumsetzungsrate im Faulbehälter sicher detektiert. Aktivitätsverluste von methanogenen Organismen aufgrund hoher Scherbelastungen infolge des Betriebs der Membran konnten nicht festgestellt werden. Maßgeblichen Einfluss auf die Prozessstabilität hatte die verbleibende, nicht-abgebaute Lipidkonzentration im Anaerobschlamm. Beginnende Hemmungen wurden ab 50 mg Lipid/g TR beobachtet, während der Abbauprozess bis zu Konzentrationen von 150 mg Lipid/g TR stabil blieb. Längere SRT oder reduzierte Anteile an lipidreichen Substraten reduzieren die Lipidkonzentration im Anaerobschlamm. Folglich kann durch den Betrieb eines AnMBR im Vergleich zum CSTR eine höhere Prozessstabilität bei Verlängerung der Faulzeit erreicht werden. Auslegungskriterien wie die CSB-Raum- oder Schlammbelastung gewährleisteten keinen stabilen oder effizienten Faulprozess. Aufgrund der Einschränkungen der Anwendbarkeit bestehender Auslegungskriterien für die Faulung mit fettreichen Substraten wurde ein allgemeingültiges Auslegungskriterium – der abbaubare Lipidgehalt im anaeroben Schlamm - entwickelt. Dieses Kriterium bezieht sich auf den derzeitigen Wissenstand zur LCFA-Hemmung, dass die Hemmung der methanogenen Organismen durch die Konzentration der langkettigen Fettsäuren in Verbindung mit dem Feststoffgehalt im Schlamm initiiert wird.
Im Bereich der Schlammfaulung hängt die Leistung der Membran basierend auf dem kritischen Flux maßgeblich von der scheinbaren Viskosität des Anaerobschlamms ab. Eine höhere Viskosität reduziert den kritischen Flux. Die charakteristischen Schlammparameter TR, oTR und CST wiesen hingegen keine eindeutige Korrelation zum kritischen Flux auf aber richtige Tendenzen. Die Korrelation zwischen kritischem Flux und scheinbarer Viskosität kann zusätzlich durch Einbeziehung der Scherbelastung an der Membranoberfläche (R²=0.9) verbessert werden. Der kritische Flux konnte gesteigert werden, indem die Rotationsgeschwindigkeit erhöht oder die scheinbare dynamische Viskosität des Schlamms reduziert wurde, z.B. durch Zugabe von Eisensalzen. Eine Steigerung der mittleren Rotationsgeschwindigkeit von 3,8 auf 4,1 m/s verbesserte den kritischen Flux um ca. 20 %. Eine Dosierung von Eisensalzen (70 L FeCl₂ / t TR) verbesserte den kritischen Flux um 30 %. Als kritischer Flux bei der Filtration von Schlamm mit TR ≈ 3,2 % wurden 17 L/(m²∙h) erreicht. Bei TR ≈ 4,0 % und TR ≈ 4,6 % reduziert sich die Leistung auf etwa 9 L/(m²∙h) und 7 L/(m²∙h).
Ein wirtschaftlicher Vorteil von AnMBRs mit rotierenden Scheibenfiltern kann nur erreicht werden, wenn die spezifischen Membrankosten deutlich sinken. Anderenfalls wären AnMBRs zur Schlammfaulung auf Anwendungen bei geringen TS-Konzentrationen (z.B. beim Einsatz nahezu vollständig abbaubarer Substrate) zur Reduzierung der erforderlichen Membranfläche und Investitionskosten begrenzt. Der zusätzliche Energiebedarf für die Membranrotation betrug etwa 1,0-2,5 kWhel/m³ Filtrat bei TR-Konzentrationen von 3,5 % und kann durch geringere Wärmeverluste aufgrund kleinerer Reaktionsvolumina kompensiert werden. | German |