Nach einer Phase des Experimentierens und Ausprobierens haben sich digitale Editionen weitgehend durchgesetzt und
gelten als ernstzunehmende, ja bessere Alternative zu gedruckten Editionen. Mit TEI/XML steht zudem ein konsolidierter
Standard für die Auszeichnung der relevanten strukturellen und semantischen Elemente einer Edition zur Verfügung. Doch nach
wie vor begleitet diesen Prozess der Konsolidierung teils scharfe Kritik, vor allem mit dem Vorwurf, dass das auf XML basierende
Markup ein Textmodell der Ordered Hierarchy of Content Objects (OHCO) begünstige, das zahlreichen Editionsproblemen nicht
gerecht werde bzw. die Flexibilität des Editors einschränke. In der Folge sind vielfältige Versuche unternommen worden, diese
Einschränkungen von XML zu überwinden, ohne dass sich jedoch eine der vorgeschlagenen Alternativen durchgesetzt hätte.
Zugleich ist mit der Engführung der Kritik auf das scheinbar durch den XML Standard bedingte Textmodell aus dem Blick
geraten, dass eine digitale Edition aus mehr besteht als lediglich einer XML Datei. Der Beitrag versucht aufzuzeigen, dass die
einseitige Kritik an XML sich weitgehend auflöst, wenn die digitale Edition nicht nur als XML Datei, sondern als Ensemble ihrer
Komponenten verstanden wird. Zugleich läßt sich daran aufzeigen, dass die digitale Edition, anders als ihre Kritiker behaupten,
keinesfalls flüchtiger oder instabiler ist als ihr gedruckter Vorgänger. Das scheinbar Flüchtige löst sich auf, wenn sie nicht mehr
aus der sichtbaren Oberfläche, sondern, ihrer algorithmischen Natur folgend, aus dem funktionalen Zusammenspiel aller
Komponenten von Text, Struktur, Layout, Schnittstelle und Metadaten bestimmt wird. | German |