Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Verbesserung der Zug- und Kristallisationseigenschaften von PLA. In Anbetracht der Tatsache, dass die Zugfestigkeit von PLA ein weites Feld der Forschung ist, wurde der Schwerpunkt auf die Verbesserung der Bruchdehnung von PLA gelegt, ohne die Abbaueigenschaften von PLA zu beeinträchtigen. Ein weiteres Ziel im Zusammenhang mit der Verbesserung der Zugeigenschaften war die Entwicklung eines synthetischen Verfahrens zur Funktionalisierung eines kommerziell erhältlichen, hochverzweigten Polymers, mit der Absicht, die Kompatibilität von PLA/PE-Blends zu verbessern.
Die Strategie zur Verbesserung der Bruchdehnung basierte auf der Polymerblends-Theorie. Im ersten Schritt wurden die binären Mischungen aus PLA und verschiedenen PE-Typen (HDPE, LDPE, LLDPE und mPE) in einem Doppelschneckenextruder hergestellt. PLA/HDPE- und PLA/LDPE-Blends zeigten eine geringe Bruchdehnung, während PLA/LLDPE- und PLA/mPE-Blends eine sehr hohe Bruchdehnung aufwiesen. Die Zugabe von PE zu PLA senkte das Elastizitätsmodul der PLA/PE-Mischungen. Ein möglicher Erklärungsansatz stellt die plastifizierende Wirkung von PE dar. Morphologische Untersuchungen ergaben, dass ein Zusammenhang zwischen Bruchdehnung und Morphologie der Mischung besteht. PLA/HDPE- und PLA/LDPE-Blends zeigten geringe Bruchdehnungen, welche auf große Globuli aus HDPE und LDPE in der PLA-Matrix zurückzuführen sind. Diese sind lediglich schwach in die Matrix integriert. Andererseits war eine sehr hohe Bruchdehnung von PLA/LLDPE und PLA/mPE mit länglichen Mikrofibrillen der dispergierten Phase verbunden, welche in die PLA-Matrix interpenetriert sind.
Da je nach Zugbeanspruchung bei der Herstellung des Extrudats möglicherweise unterschiedliche Orientierung der Polymerkette erreicht wird, wurde die Auswirkung der verschiedenen Zugverhältnisse auf die Morphologie von PLA-PE-Mischungen evaluiert. Dafür wurde ein Kalenderwalzensystem verwendet, das dem extrudierten Material ein Dehnungsfeld verleiht, was wiederum die Morphologie und Materialeigenschaften beeinflusst. Die Mischungen von PLA/HDPE und PLA/mPE wurden unter drei verschiedenen Bedingungen hergestellt. Neben der direkten Wasserbadkühlung wurden zwei unterschiedliche Zugverhältnisse gewählt (4.5 und 9.0). Direkt im Wasserbad abgekühlte Mischungen zeigten eine kugelförmige Morphologie, was auf eine schlechte Grenzflächenhaftung hinweist. Interessanterweise zeigte die PLA/mPE-Mischung nach der Zugbeanspruchung eine fein fibrilläre Morphologie von gut dispergiertem mPE in der PLA-Matrix mit sehr wenigen vorhandenen Hohlräumen. Dies trägt potential zu einem Spannungsübertragung im System bei, was wiederum die Bruchdehnung steigert. Ähnliche Beobachtungen wurden bei beiden Zugverhältnissen festgestellt. Ein anderes Verhalten wurde bei PLA/HDPE Mischungen beobachtet. Mit zunehmendem Zugverhältnis reduziert sich schrittweise der Durchmesser der HDPE-Globuli aufgrund intensiver Streckverformung, wobei die Form der dispergierten Phase weiterhin kugelförmig bleibt.
Die zweite Strategie zur Verbesserung der Dehnung basierte auf dem Zusatz von Kompatibilisatoren zum binärem Blend. Das Thema der ternären Mischungen bestand aus zwei Teilen: Der Funktionalisierung eines hyperverzweigten Polymers in Richtung einer potenziell neuen Klasse von Kompatibilisatoren für PLA/PE-Blends, sowie der Herstellung von PLA/PE-Blends, die ein Kompatibilisierungsmittel (wie beispielsweise E-GMA) enthalten. Boltorn™ HB20 (H0), ein kommerziell erhältliches, hochverzweigtes Polyesterpolyol, wurde als Gerüst ausgewählt und in einem zweistufigen Prozess mit Stearinsäure (SA) und PLA funktionalisiert. Vor der Funktionalisierung von H0 mit SA und PLA wurde eine Modellstudie durchgeführt, um den Grad der funktionalisierten -OH-Gruppen zu bestimmen. Das so genannte TAI-Modell basierte auf dem Trichloracetylisocyanat (TAI) funktionalisierten H0, wobei der Funktionalisierungsgrad mittels 1H-NMR-Spektroskopie bestimmt wurde. Das TAI-Modell war ein sehr wichtiges Werkzeug, das die Quantifizierung der Funktionalisierung von H0 mit SA und PLA durch Bestimmung der restlichen -OH Gruppen ermöglichte.
Im ersten Schritt wurde SA zu H0 in zwei Molverhältnissen hinzugefügt; H0:SA 1:8 (H08) und 1:12 (H12). Eine Stearyl-Substitution von 48 % in H08 und 78 % in H12 wurde mittels 1H-NMR-Spektroskopie nachgewiesen. Darüber hinaus bestätigte die TGA-Analyse, dass die Funktionalisierung von H0 mit SA die thermische Stabilität von H0 verbessert. Im zweiten Schritt wurden PLA:H08 / 5:1 und PLA:H12 / 5:1 mit 0,02 % BTA-Katalysator in einem reaktiven Extrusionsprozess vermischt. Es wurde beobachtet, dass BTA die Reaktion unterstützt, jedoch gleichzeitig die thermische Stabilität von PLA beeinflusst. Die 1H-NMR-Spektroskopie bestätigte die Funktionalisierung von H08 mit PLA in Gegenwart von BTA. Vollständige Funktionalisierung von PLA auf H12 ließ sich aufgrund schwacher Signalintensitäten nicht eindeutig bestätigen. Schließlich wurde in einem Doppelschneckenextruder eine Mischung aus PLA/mPE und PLA-modifiziertem H08 oder PLA-modifiziertem H12 hergestellt. Das extrudierte Material war stark verformt, sodass eine Untersuchung der Zugeigenschaften nicht zielführend gewesen wäre.
Ternäre Mischungen aus PLA, verschiedenen PE-Typen (HDPE, LDPE, LLDPE und mPE) und E-GMA wurden in einem Doppelschneckenextruder hergestellt. PLA/HDPE- und PLA/LDPE-Blends, die mit 5 % E-GMA kompatibilisiert wurden, zeigten eine deutliche Verbesserung der Bruchdehnung und erreichten nahezu die Kennwerte von PLA/mPE- und PLA/LLDPE-binären Blends. Die Zugabe von E-GMA zu PLA/LLDPE und PLA/mPE führte zu einem leichten Anstieg der Bruchdehnung von PLA/LLDPE und PLA/mPE Binärmischungen. Bei morphologischen Untersuchungen der Bruchfläche zeigte sich bei allen ternären Mischungen eine feine dispergierte Phase mit einem geringen Anteil an Hohlräumen. Die Größe der PE-Globuli in ternären Mischungen aus HDPE und LDPE nahm erheblich ab und ermöglichte eine bessere Haftung zwischen der Matrix und der dispergierten Phase. Hieraus resultierte eine signifikante Verbesserung der Bruchdehnung.
Der Einfluss der dispergierten Phase und des Kompatibilisators auf die Witterungseigenschaften von PLA wurde in Queensland, Australien, unter heißen und feuchten natürlichen Umweltbedingungen untersucht. Dabei wurden mittels Blasfolienanlage 0.02-0.03 mm dicke Filme aus PLA, PLA/mPE und PLA/mPE/E-GMA hergestellt und unter- und oberhalb des Bodens über einen Zeitraum von 5 Monaten platziert.
Die Verwitterungseigenschaften wurden mit den Daten der Thermogravimetrischen Analyse (TGA) korreliert. Niedermolekulare Verbindungen, welche durch Degradationsprozesse aus langen Polymerketten gebildet werden, weisen eine geringe thermische Stabilität in der TGA auf und verflüchtigen sich daher früher. Proben von PLA/mPE/E-GMA, die über dem Boden platziert und direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt wurden, wiesen eine höhere thermische Stabilität als die unter gleichen Bedingungen gealterten PLA/mPE-Folien auf. Grund hierfür ist die Grenzflächenstabilität, welche durch E-GMA erreicht wurde. Durch FT-IR-Spektroskopie wurde belegt, dass E-GMA und mPE das Abbauverhalten der über dem Boden platzierten PLA nicht behindern.
Darüber hinaus wurde durch GPC-Analyse aufgeklärt, dass bei PLA die fünf monatige Bewitterungszeit zu einem Molekulargewichtsabbau führt. Dieses wurde aus Proben von PLA/mPE- und PLA/mPE/E-GMA-Proben extrahiert. Dies bestätigte, dass mPE und E-GMA den Abbauprozess von PLA in der Mischung beschleunigen. Bei den unter dem Boden platzierten Proben zeigte PLA/mPE einen geringeren Abbau im Gegensatz zu PLA und PLA/mPE/E-GMA, die keine Anzeichen eines Abbaus zeigten. Der Abbau von PLA/mPE wurde auf das Vorhandensein von Mikrohohlräumen zurückgeführt, welche die Wasseraufnahme und die anschließende PLA-Hydrolyse förderten.
Ein neuartiges Nukleierungsmittel, Terephthaloyl-bis-N,N'-Naphthalimidester (TN), wurde in der vorliegenden Arbeit zum Einsatz gebracht. Die Nukleierfähigkeit von TN und verschiedenen kommerziell verfügbaren Nukleierungsmitteln, wie Tetramethylendicarbonsäure-Dibenzoylhydrazid (TMC) und Orotsäure (OA), wurde hinsichtlich der Kristallisationsfähigkeit von PLA, PLA/mPE und PLA/mPE/E-GMA untersucht. Zunächst wurde das Keimbildungspotenzial von TN, TMC und OA unter nicht-isothermen Bedingungen in zwei verschiedenen PLA-Typen, PLA 4032D (L/D; 98/2) und PLA 4043D (L/D; 95/5), analysiert. Alle Nukleierungsmittel verbesserten signifikant die Kristallisationskinetik von PLA 4032D, im Gegensatz zu PLA 4043D. Interessanterweise war die Keimbildungseffizienz von TN vergleichbar mit OA und TMC, wobei nur 0,3% jedes Keimbildungsmittels die Kristallisation von PLA 4032D verbesserten.
Die Keimbildungseffizienz von TMC, TN und OA auf die Kristallisation von PLA wurde ebenfalls unter isothermen Bedingungen untersucht. Aufgrund der Zugabe von 0,3% TMC, TN oder OA erfolgte die Beendung des Kristallisationsprozesses von PLA in weniger als 3 Minuten. PLA, das mit OA nukleiert wurde, weist die höchste Kristallisationsrate auf, gefolgt von PLA, das mit TN nukleiert wurde, und PLA, das mit TMC nukleiert wurde. Es wurde festgestellt, dass die Kristallisation mit einer Erhöhung der Kristallisationstemperatur und der Konzentration des Keimbildners verbessert wird. Die aufgeführten Ergebnisse qualifizieren TN für den Einsatz als Nukleierungsmittel in der Schmelzeverarbeitung.
Die Keimbildungsfähigkeit von TMC, TN und OA in PLA/mPE-Binärmischung und PLA/mPE/E-GMA-Ternärmischung wurde unter nicht-isothermen Bedingungen untersucht. Die mit 1 % TMC, TN oder OA nukleierten Mischungen wurden in einem Doppelschneckenextruder hergestellt. Die Zugabe von Nukleierungsmitteln hatte einen positiven Einfluss auf das Kristallisationsverhalten von binären Blends, während die OA-nukleierten ternäre Blends keine Verbesserung des Kristallisationsverhaltens von PLA zeigten. Die Zugabe von TMC, TN oder OA führte zu einem erheblichen Rückgang der Bruchdehnung der binären Mischungen. Die Zugabe von E-GMA zur Blend-Composition verbesserte jedoch die Bruchdehnung. Die ternäre Mischung mit Zusatz von TN, zeigte die maximale Verbesserung, gefolgt von der Mischung mit TMC. Die Zugabe von OA zur ternären Mischung führte dagegen zu einer erheblichen Verschlechterung der Bruchdehnung. | German |