Miniaturisierte elektrische Biosensoren sind zu einem vielversprechenden Werkzeug für die Überwachung und Analyse biologisch relevanter Substanzen geworden, indem sie ein biologisches Signal in einen elektrischen Strom konvertieren. Trotz großer Fortschritte bei der Analyse von Makromolekülen bleibt die Detektion von niedermolekularen Verbindungen, die für die Medizin- und Umweltanalytik von besonderem Interesse sind, eine Herausforderung. Die funktionelle Kopplung eines Sensorelements an einen elektrischen Schalter ist hierbei ein Knackpunkt im Biosensoren-Design. Bakterielle Substratbindeproteine (SBP) und Liganden-gesteuerte Ionenkanäle (LGICs) haben sich über Milliarden von Jahren entwickelt, um eine Vielzahl biologisch relevanter Moleküle mit hoher Selektivität und Sensitivität zu erkennen. Während SBP am Transport von Substanzen durch bakterielle Zellmembranen beteiligt sind, vermitteln LGICs die neuronale Erregung im zentralen Nervensystem von Wirbeltieren. Die archaischen Bindungsmodule beider Proteinfamilien teilen eine konservierte muschelartige Struktur; der Ligand wird zwischen den zwei Subdomänen gebunden und löst einen großen Konformationsübergang zwischen dem offenen und geschlossenen Zustand in einem Venusfliegenfallen-ähnlichen Mechanismus aus. In dieser Arbeit werden i) die zugrundeliegenden Mechanismen der Ligandenerkennung und die funktionelle Anpassungsfähigkeit von LGICs und SBPs untersucht und ausgenutzt um ii) SBP an biologische und artifizielle Nanoporen zu koppeln mit dem Ziel neuartige elektrische Biosensoren für den spezifischen Nachweis von biologisch relevanten Substanzen zu entwickeln.
Trotz ihrer intrinsischen Fähigkeit ein chemisches Signal in ein elektrisches Signal umzuwandeln, werden LGICs erst allmählich für das Design von Biosensoren genutzt, da Schlüsselaspekte im mechanistischen Verständnis der Ligandenbindung, -modulation und Rezeptoraktivierung in verschiedenen Rezeptorsubtypen unzureichend verstanden sind. In dieser Arbeit untersuchten wir die strukturellen Auswirkungen und die zugrundeliegenden Aktivierungsmechanismen von vollen und partiellen Agonisten in Glycinrezeptoren (GlyRs) in ihrer nativen Lipidumgebung, sowie die Funktion der aminoterminalen Domäne (NTD) in der GluN1/GluN3 NMDA-Rezeptor Autoinhibition nach Glycinbindung an die GluN1-Untereinheit. Wir können zeigen, dass der volle Agonist Glycin und der partielle Agonist Taurin unterschiedliche Konformationsübergänge im α1 GlyR induzieren. Darüber hinaus legen wir dar, dass die vom Expressionssystem abhängige Variabilität der Agonistenaffinität in HEK293-Zellen und Xenopus Oozyten nicht durch eine veränderte Konformationsänderung vermittelt wird. Des Weiteren zeigen wir, dass die GluN3A-NTD eine wichtige Rolle in der Regulation von GluN1/GluN3A NMDA-Rezeptor Subtypen spielt, indem sie die Wirksamkeit der Glycin-abhängigen Rezeptoraktivierung durch Agonisten-ausgelöste Autoinhibition reduziert. Dieser Effekt wird möglicherweise durch das Subunit-Interface und den NTD-LBD-Linker der GluN3A-NTD vermittelt.
Die vertieften Erkenntnisse über die Konformationsänderungen und die strukturelle Anpassungsfähigkeit dieser Bindedomänen wurden weiter genutzt, um bakterielle SBP und LGIC SBD in Kombination mit einem elektrischen Schalter als Moleküldetektor zu verwenden. Hierfür wurde das Ectoin-Bindeprotein EhuB an die Kanalpore des ionotropen Glutamatrezeptors GluR0 gekoppelt, um einen rezeptorbasierten Biosensor zu konstruieren, sowie das Phosphonatbindeprotein PhnD innerhalb von einzelnen Festkörper-Nanoporen gekoppelt, mit dem Ziel die hohe Affinität und Selektivität von SBPs mit der Robustheit von künstlichen Nanoporen zu kombinieren. Diese neuen Biosensor-Klassen zeichnen sich durch eine hohe Ligandenaffinität und Spezifität, als auch durch eine konzentrationsabhängige Änderung des (Nanoporen-)Stroms nach Ligandenbindung aus.
Die Ergebnisse dieser Arbeit bieten eine profunde Grundlage um SBP und LGIC als Sensordomänen für die Entwicklung neuartiger elektrischer Biosensoren mit hoher Spezifität und Affinität für den Nachweis biologisch relevanter Moleküle zu nutzen. Darüber hinaus erweitern die hier gezeigten Ansätze und Erkenntnisse zur Ligandenerkennung und -Rezeptormodulation das Repertoire biophysikalischer Methoden und könnte das Verständnis der Funktionen von LGIC auf molekularer, synaptischer und systemischer Ebene vertiefen. | German |