Geschäftsprozessmanagementlösungen ermöglichen es Unternehmen ihre Geschäftsabläufe zu konsolidieren und zu optimieren, und dadurch einen Wettbewerbsvorteil in der sich schnell entwickelnden Marktumgebung zu erzielen. Sehr oft sind die einzigen Personen, die Geschäftsprozesse im Detail kennen, die Endanwender von Unternehmenssoftware, die diese Geschäftsprozesse im Rahmen ihrer täglichen Arbeitspraxis ausführen. Hierdurch entsteht die Notwendigkeit, Endanwender in die Komposition von Geschäftsprozessen während der Implementierung von Geschäftsprozessmanagementlösungen in Unternehmen einzubeziehen. Endanwender besitzen eine detaillierte Fachexpertise, aber nur begrenzte technische Fähigkeiten. Eine explizite Prozessmodellierung durch konventionelle Modellierungssprachen und umgebungen ist den Endanwendern selbst daher nicht unmittelbar möglich. Anwenderzentrische Ansätze zur Geschäftsprozesskomposition werden benötigt, die Endanwender in der Lage versetzen, Geschäftsprozesse entsprechend der eigenen Fachexpertise und Problemlösungsstrategien zu modellieren und anzupassen. Darüberhinaus müssen derartige Ansätze das Prozessverständnis von anwendungsorientierten Endanwendern, sowie technisch orientierten Prozessdesignern und Entwicklern im Rahmen von Workflow-Projekten verknüpfen. Dadurch können Geschäftsprozessmodelle erzeugt werden, die sich eng an den Bedürfnissen der Endanwender orientieren, als auch die technische Implementierung von Geschäftsprozessmanagementlösungen in Unternehmen erleichtern. Diese Dissertation adressiert die endanwendergetriebene Komposition von: (i) schwach strukturierten Prozessmodellen zur Unterstützung unterspezifizierter, personenzentrischer Geschäftsprozesse und (ii) strukturierten Prozessmodellen zur Automatisierung von gleichartig wiederkehrenden Prozessen in Workflow-Systemen. Beide Prozesstypen lassen sich in einem kollaborativen Aufgabenmanagementsystem durch einen Programming by Example Ansatz komponieren. Das Aufgabenmanagement wird hierbei als Startpunkt für die endanwendergetriebene Prozesskomposition genutzt, um die individuelle Sicht der Anwender und die globale Sicht des Unternehmens auf Geschäftsprozesse in Einklang zu bringen. Programming by Example ist eine End-User Development Technik, welche die Erfassung und wiederholte Ausführung von Anwenderaktivitäten in einem Softwaresystem ermöglicht. Die Übertragung dieser Technik auf den Unternehmenskontext zur Komposition von Geschäftsprozessmodellen ist neuartig und erfordert eine spezifische Unterstützung der Endanwenderperspektive, sowie eine angepasste Ausgestaltung formaler Systeme. Die vier hauptsächlichen wissenschaftlichen Beiträge der Dissertation sind: (i) ein Aufgabenmanagementmodell für personenzentrische Geschäftsprozesse; (ii) eine Methode zur Komposition von schwach strukturierten Prozessmodellen durch kollaboratives Aufgabenmanagement; (iii) eine Methode zur Transformation von schwach strukturierten Prozessmodellen zu strukturierten Workflows und die Erweiterung der letzteren auf der Basis von Abweichungen durch benutzerdefinierten Aufgaben, die während der Workflow-Laufzeit entstehen können; (iv) ein holistisches Konzept zur endbenutzergetriebenen Geschäftsprozesskomposition durch Programming by Exampe, das die Beiträte (i) bis (iii) in eine ganzheitliche Methode und Architektur für die Komposition von schwach strukturierten und strukturierten Prozessmodellen zusammenführt. Die ausgearbeiteten Konzepte bilden einen signifikanten Beitrag zu bekannten Prozessmodellierungsansätzen aus verschiedenen Forschungsgebieten, wie Mensch-Computer-Interaktion, Geschäftsprozessmanagement, Workflow-Management und computerunterstützte Gruppenarbeit. Die ausgearbeiteten Konzepte basieren auf Erkenntnissen durchgeführter empirischer Studien. Diese umfassen einerseits einen Onlinefragebogen, der an Unternehmen aus verschiedenen Industriezweigen verteilt wurde. Andererseits umfassen die empirischen Studien eine Serie von Feldstudien in drei kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Die empirischen Vorstudien liefern wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf bereits bestehende Praktiken des End-User Developments im Bereich des Aufgabenmanagements und identifizieren Problembereiche durch deren Adressierung Endanwender sinnvoll in die Prozesskomposition einbezogen werden können. Die Studienergebnisse erlauben die Ableitung grundsätzlicher Anforderungen, die durch das entwickelte Aufgabenmanagementmodell adressiert werden und spielen eine entscheidende Rolle für die Ausgestaltung der Architektur im Rahmen des holistischen Konzepts. Die entwickelten Konzepte berücksichtigen sowohl die existierenden Arbeitspraktiken der Endanwender, als auch die von ihnen verwendeten Softwareapplikationen, die sich auf das Management ihrer täglichen Arbeit beziehen. Solche Applikationen sind zum Beispiel Anwendungen zur Verwaltung von E-Mails und persönlicher Aufgabenlisten, die oftmals als Teil von konventionellen Office-Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Das Aufgabenmanagementmodell ermöglicht eine Aggregation von Daten aus diesen Applikationen, die im Rahmen der Komposition von schwach strukturierten Geschäftsprozessmodellen verwendet werden können. Diese Modelle können zur Ausführung von unterspezifizierten, personenzentrischen Prozessen bei Bedarf wiederholt angepasst und wieder verwendet werden. Um gleichartig wiederkehrende Abläufe durch Workflow-Systeme automatisieren zu können, wurde eine Methode zur Erzeugung von strukturierten Workflows auf Basis der erfassten, schwach strukturierten Prozessmodelle entwickelt. Erzeugte Workflows können von Prozessdesignern und Entwicklern in einem Kontext erweitert werden, in dem sowohl die benutzerdefinierten als auch die formellen Prozessmodelle gleichzeitig verfügbar sind. Die Zuordnung von schwach strukturierten zu formellen Prozessmodellen erleichtert die Wiederverwendung von benutzerdefinierten Prozessdaten. Der Datenaustausch und die Zusammenarbeit zwischen ad-hoc Prozessen und strukturierten Prozessen werden durch das holistische Konzept und die darunterliegende Architektur ermöglicht, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelt wird. Die dargestellten Konzepte wurden in einem Prototyp namens Collaborative Task Manager implementiert und evaluiert. Die Evaluationsergebnisse bestätigen, dass der entwickelte Prototyp durch die ausgearbeiteten Konzepte die endbenutzergetriebene Geschäftsprozesskomposition in der betrieblichen Praxis effektiv zu unterstützen vermag. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Konzepte lassen sich daher zum Design neuartiger, benutzeranpassbarer Geschäftsprozessmanagementsysteme verwenden, die sowohl eine breitere Nutzung, als auch eine leichtere Anpassung von Geschäftsprozessmanagementtechnologien in Unternehmen ermöglichen. | German |