Die tropischen Bergregenwälder der Anden Süd-Ecuadors gelten als ein Diversitäts-„hotspot“ für Pflanzen (vor allem Bäume und Bryophyten) und Tiere (von allem Vögel, Fledermäuse, Arctiide und Geometride Nachtfalter). Obwohl kleine Tiere wie Thekamöben einen wichtigen Teil der ober- und unterirdischen Organismengemeinschaft bilden, existieren bisher keine Informationen über ihr Dichte, Diversität, Gemeinschaftsstruktur und Funktion in tropischen Bergregenwäldern. Thekamöben besiedeln so gut wie jedes Habitat. Am häufigsten und artenreichsten sind sie jedoch in feuchten Böden mit hohem organischen Gehalt und geringer Abbaurate. Ihre primäre Nahrungsressource bilden Bakterien und andere Mikroorganismen. Durch Prädation beeinflussen Thekamöben die Biomasse, die Zusammensetzung und die metabolische Aktivität der mikrobiellen Gemeinschaft und somit den Nährstoffkreislauf, insbesondere in Ökosystemen mit geringer Dichte von Makrofauna. In der vorliegenden Arbeit wurde die Dichte und Diversität von Thekamöben in der Streuauflage, dem Boden und in oberirdischen Habitaten (Bäume und Epiphyten) entlang eines Höhegradienten im tropischen Bergregenwald Süd-Ecuadors untersucht und diese mit biotischen und abiotischen Umweltfaktoren korreliert. Im ersten Teil der Arbeit wurde untersucht, ob sich die Dichte und Diversität von Thekamöben (1) entlang des Höhengradienten ändert, (2) der Dichte und Diversität in Wäldern der gemäßigten und borealen Klimazone ähnlich sind, und (3) typisch für die Standorte der tropischen Südhemisphäre sind. Die Diversität wurde in drei Höhenlagen (1000, 2000 und 3000 m) und zwei Bodenschichten (Schicht I: L/F und Schicht II: H/Ah) untersucht. Insgesamt wurden 135 Arten und intraspezifische Taxa von Thekamöben gefunden. „Rarefaction plots“ deuten daraufhin, dass nur wenig mehr Arten zu erwarten sind. Die Ergebnisse weisen zudem darauf hin, dass der Artenreichtum von Thekamöben nicht kontinuierlich mit der Höhe abnimmt, sondern dass ihr Verbreitungsschwerpunkt auf intermediärer Höhe liegt (2000 m). Dabei ist die Diversität, nicht aber die Dichte von Thekamöben in tropischen Bergregenwälder, größer als in Wäldern der gemäßigten Breiten. Die Mehrzahl der nachgewiesenen Arten ist geographisch weit verbreitet, nur neun Arten (6.7%) besitzen eine rein tropische Verbreitung, wovon einige Arten wahrscheinlich Gondwana-Relikte repräsentieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die mikrobielle Biomasse und Diversität, und die Interaktionen von Mikroorganismen und Thekamöben entlang eines Höhengradienten (1000, 2000 and 3000 m) in zwei Bodenschichten (Schicht I: L/F und Schicht II: H/Ah) untersucht. Die mikrobielle Biomasse und Diversität nahm mit der Bodentiefe ab und erreichte ihr Maximum auf der mittleren Höhenstufe bei 2000 m. Sie war im Vergleich zu Untersuchungen in gemäßigten Wäldern sehr gering, was vermutlich auf eine hohe Respiration aufgrund hoher Temperaturen, sowie auf die insgesamt geringe, mit zunehmender Höhe weiter abnehmende Streuqualität zurückzuführen ist. Der Wechsel von einer Bakterien- zu einer Pilzdominierten mikrobiellen Gemeinschaft mit zunehmender Höhe unterstützt diese Hypothese. Wie die mikrobielle Gemeinschaft, hatten auch die Thekamöben ihren Verbreitungsschwerpunkt auf der mittleren Höhenstufe bei 2000 m, jedoch veränderte sich ihre Dichte und Diversität mit der Bodentiefe nur wenig. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Dichte und Diversität von Thekamöben durch die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen (vor allem Bakterien und Pilzen) gesteuert wird, die aufgrund ungünstigerer Umweltbedingungen, z.B. niedrigem pH, mit zunehmender Höhe abnimmt. Im dritten Teil der Arbeit wurde die Hypothese untersucht, dass die Dichte und Diversität von Thekamöben in tropischen Bergregenwäldern durch die Verfügbarkeit ihrer Nahrungsressource (bottom-up) reguliert ist. Es wurden Testflächen mit Kohlenstoff (C) und Nährstoffen (N, P) gedüngt und die Veränderung der Dichte und Diversität von Mikroorganismen und Thekamöben untersucht. Wir vermuteten, dass die mikrobielle Gemeinschaft aufgrund der zusätzlichen Nahrungsressource zunimmt, und dass sich dieser Effekt in der nächsten tropischen Ebene, den Thekamöben, widerspiegelt. Während saprotrophe Pilze primär durch die Verfügbarkeit von Kohlenstoff limitiert waren, waren gram-positive und gram-negative Bakterien in erster Linie P-limitiert. Zugabe von Glukose führte zur Dominanz saprotropher Pilze, wohingegen die Dichte und Diversität der Thekamöben abnahm. Stickstoffzugabe führte dagegen zu einem Anstieg die Dichte und Diversität der Thekamöben, was vermutlich auf eine erhöhte Menge von leicht verfügbarer organischer Substanz und erhöhte Biomasse bestimmter Bakterien und endosymbiontischen Algen zurückzuführen ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Thekamöben in tropischen Bergregenwäldern „bottom-up“ reguliert sind, die Verfügbarkeit einer spezifischen mikrobiellen Nahrungsquelle bedeutender ist als die mikrobielle Biomasse an sich, und dass saprotrophe Pilze als Antagonisten von Thekamöben fungieren. Das mikrobielle Nahrungsnetz in Böden tropischer Bergregenwälder scheint komplexer zu sein als bisher vermutet und primär durch spezifische und antagonistische Interaktionen gesteuert zu sein. Im vierten Teil der Arbeit wurde die Thekamöben-Gemeinschaft auf Epiphyten unterschiedlicher Stammhöhe (Mikroskala) entlang des Höhengradienten (Makroskala) untersucht. Dazu wurde die Veränderung der Dichte und Diversität von Thekamöben in epiphytischen Mikrohabitaten auf Bäumen in einer Höhe von 0-2 m entlang des Höhengradienten (1000, 2000 und 3000 m) erfasst. Insgesamt wurden 115 Arten von Thekamöben nachgewiesen. Die Dichte und Diversität erreichte ihren Höhepunkt in der intermediären Höhenstufe bei 2000 m und war höher als in der Streu und im Boden. Die Thekamöben-Gemeinschaft unterschied sich sowohl auf der Ebene der Mikro- als auch der Makroskala signifikant, wobei die Dichte primär auf der Ebene der Makroskala, die Diversität auf der Ebene der Mikroskala beeinflusst wurde. Mikrohabitatstrukturen scheinen insbesondere die Zusammensetzung der Thekamöben-Gemeinschaft zu steuern. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Diversität von Thekamöben in tropischen Bergregenwäldern Ecuadors im Vergleich mit anderen tropischen und gemäßigten Wäldern hoch ist (insgesamt 166 Arten). Zudem weisen die Ergebnisse daraufhin, dass die Dichte und Diversität von Thekamöben „bottom-up“ kontrolliert ist, und durch die Verfügbarkeit von organischer Substanz, der Biomasse bestimmter Bakterien und endosymbiontischer Algen sowie durch antagonistische Interaktionen mit saprotrophen Pilzen gesteuert wird. Abiotische Faktoren wie Feuchtigkeit und pH steuern die Verfügbarkeit der Nahrungsressourcen entlang des Höhengradienten und führen zu einer maximalen Dichte und Diversität der Thekamöben auf der intermediären Höhenstufe bei 2000 m. | German |