Gestaltung tutorieller Assistenzsysteme für Anwendungen des maschinellen Lernens in der Produktion
Gestaltung tutorieller Assistenzsysteme für Anwendungen des maschinellen Lernens in der Produktion
Die zunehmende Generierung großer Datenmengen in Produktionsumgebungen bietet Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten für Produktivitätssteigerungen. Es zeigt sich jedoch, dass Mitarbeiter die großen Datenmengen oftmals nicht mehr mit manuellen Methoden auswerten können. Daher bedarf es innovativer Ansätze wie beispielsweise Algorithmen des maschinellen Lernens (ML), welche die Mitarbeiter in ihrer Arbeit unterstützen. Zur gewinnbringenden Nutzung dieser ist es notwendig, die beteiligten Mitarbeiter entsprechend zu befähigen. Die in Deutschland klassisch in Form von Frontalunterricht vorgenommene betriebliche Weiterbildung genügt allerdings aufgrund von Transferhürden von Theorie zu Praxis den Ansprüchen von ML-Anwendungen nur unzureichend. Dies lässt sich vor allem auf die als sehr technisch empfundenen Grundlagen und mangelnde Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter zurückführen. Hingegen vereinfacht das sogenannte arbeitsintegrierte Lernen den Transfer von Erlerntem in die betriebliche Praxis. Hierbei werden Theorieinhalte problembasiert erlernt und können an einem realen Anwendungsfall unmittelbar erprobt werden. Einen Ansatz zur praktischen Umsetzung von arbeitsintegriertem Lernen stellen tutorielle Assistenzsysteme (TAS) dar. Diese unterstützen das Lernen im Prozess der Arbeit, indem sie die Vermittlung von situativem und arbeitsrelevantem Wissen ermöglichen. Eine Analyse bestehender Lösungen zeigt jedoch, dass in der Literatur aktuell kein systematischer Gestaltungsansatz eines solchen TAS vorliegt. Das Forschungsziel der Dissertation ist daher die systematische Gestaltung von TAS, welche arbeitsintegriertes Lernen bei der Einführung von ML-Anwendungen in die diskrete Fertigung ermöglichen. Zur Zielerreichung werden zunächst gestalterische, didaktische und inhaltliche Anforderungen ermittelt. Diese werden daraufhin in Form eines Gestaltungsmodells umgesetzt. Das Modell beschreibt somit den konzeptionellen Aufbau eines Assistenzsystems. Lernen erfolgt darin problembasiert, wobei Ansätze für das informelle als auch das non-formale Lernen enthalten sind. Auf Basis eines strukturierten Vorgehens kann das Modell daraufhin mit dem Ziel einer späteren Anwendung in der Praxis operationalisiert werden. Bei diesem wird auf ein menschzentriertes Vorgehen geachtet. Als Anwendungsfall wird aufgrund ihrer industriellen Relevanz die Zustandsüberwachung von Werkzeugmaschinen gewählt. Im Rahmen einer randomisierten Kontrollgruppenstudie sowie einer Feldstudie erfolgt abschließend die Validierung des Forschungsvorhabens. Sowohl Probanden- als auch Expertenbefragungen ermöglichen zudem die Evaluation der gestellten Anforderungen. Die Ergebnisse der Arbeit bestehen in dem Gestaltungsmodell einerseits und in einer Operationalisierungsmethode zur praktischen Umsetzung des Modells andererseits. Durch deren Anwendung entsteht in der Folge eine Softwarearchitektur. Das Gestaltungmodell setzt sich in Summe aus 13 Gestaltungskomponenten zusammen, welche in Voraussetzungen, Design- und Didaktikkomponenten sowie Befähiger untergliedert werden. Zur praktischen Erprobung wird das Gestaltungsmodell anhand der Methode in der Programmiersprache Python softwareseitig umgesetzt. Nutzer werden im Zuge der Anwendung damit beauftragt, mittels des TAS eine erste Zustandsüberwachung an einer realen Werkzeugmaschine zu implementieren. Die Ergebnisse in der Anwendung des TAS zeigen, dass die Probanden der Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe mit Frontalunterricht und ohne TAS leichter die Funktionsweise einfacher ML-Algorithmen erklären, effektiver bereichsübergreifenden Austausch gestalten sowie ML-Projekte strukturierter durchführen können. Im Gegenzug weiß die Kontrollgruppe mehr Anwendungsfälle für ML-Lösungen aufzuzählen und überträgt dieses Wissen leichter in eine Produktionsumgebung.
The increasing generation of large amounts of data in production environments offers companies numerous opportunities to increase productivity. However, it is becoming apparent that employees are often no longer able to analyze the large amounts of data using manual methods. This is why innovative approaches such as machine learning (ML) algorithms are needed to support employees in their work. In order to use these profitably, it is necessary to empower the employees involved accordingly. In Germany, however, in-company training, which traditionally takes the form of face-to-face teaching, does not adequately meet the requirements of ML applications due to barriers to transfer from theory to practice. This is mainly due to the fact that the basic principles are perceived as very technical and employees lack the ability to act. In contrast, so-called work-integrated learning simplifies the transfer of what has been learned into operational practice. Theoretical content is learned in a problem-based way and can be tested directly in a real-life application. Tutorial assistance systems (TAS) represent one approach to the practical implementation of work-integrated learning. These support learning in the work process by enabling the transfer of situational and work-relevant knowledge. However, an analysis of existing solutions shows that there is currently no systematic design approach for such a TAS in the literature. The research objective of the dissertation is therefore the systematic design of TAS that enable work-integrated learning during the introduction of ML applications in discrete manufacturing. In order to achieve the goal, design, didactic and content requirements are first determined. These are then implemented in the form of a design model. The model thus describes the conceptual structure of an assistance system. Learning is problem-based, whereby approaches for informal as well as non-formal learning are included. Based on a structured approach, the model can then be operationalized with the aim of later application in practice. Attention is paid to a human-centered approach. Due to its industrial relevance, the use case chosen is the condition monitoring of machine tools. Finally, the research project will be validated in a randomized control group study and a field study. Both test subject and expert surveys will also enable the requirements to be evaluated. The results of the work consist of the design model on the one hand and an operationalization method for the practical implementation of the model on the other. Their application results in a software architecture. The design model consists of a total of 13 design components, which are subdivided into prerequisites, design and didactic components and enablers. For practical testing, the design model is implemented on the software side using the method in the Python programming language. In the course of the application, users are tasked with using the TAS to implement initial condition monitoring on a real machine tool. The results of the TAS application show that, compared to the control group with frontal teaching and without TAS, the subjects in the experimental group can explain the functionality of simple ML algorithms more easily, organize cross-divisional exchanges more effectively and carry out ML projects in a more structured manner. In contrast, the control group knows more use cases for ML solutions and transfers this knowledge more easily to a production environment.

