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Kohärente optische Datenspeicherung mittels EIT in einem Pr³⁺:Y₂SiO₅-Kristall

Heinze, Georg (2013)
Kohärente optische Datenspeicherung mittels EIT in einem Pr³⁺:Y₂SiO₅-Kristall.
Technische Universität Darmstadt
Ph.D. Thesis, Primary publication

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Item Type: Ph.D. Thesis
Type of entry: Primary publication
Title: Kohärente optische Datenspeicherung mittels EIT in einem Pr³⁺:Y₂SiO₅-Kristall
Language: German
Referees: Halfmann, Prof. Dr. Thomas ; Walther, Prof. Dr. Thomas
Date: 2013
Place of Publication: Darmstadt
Date of oral examination: 14 October 2013
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Abstract:

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die kohärente Speicherung von Licht mittels elektromagnetisch induzierter Transparenz (EIT) in einem Praseodym-dotierten Yttrium-ortho-Silikat-Kristall untersucht. Ziel war die Realisierung eines EIT-getriebenen Festkörper-Speichers mit hoher Speicherkapazität und langer Speicherdauer. Hierzu wurde eine Vielzahl von Techniken eingesetzt, die in ihrer Kombination erstmalig Anwendung fanden. Um die Speicherkapazität zu erhöhen, wurde EIT mit Bildspeicherung und Multiplexing kombiniert. Um die Speicherzeit zu verlängern, wurden statische Magnetfelder zur Manipulation der Energieniveaus und Reduktion von Dekohärenz, sowie magnetische Wechselfelder zur Entkopplung der Zustände von der Umgebung verwendet. Zur optimalen Präparation der komplexen Niveaustrukturen wurde die rückkopplungsgesteuerte Pulsformung mit Hilfe evolutionärer Strategien genutzt.

Zunächst wurden EIT und Bildspeicherung im Festkörper bei Speicherzeiten implementiert, die durch Dephasierungsprozesse auf einige 10 µs limitiert waren. Durch einfache Techniken zur Hochfrequenz-Rephasierung konnte die Speicherdauer um etwa einen Faktor 50 auf die Kohärenzzeit von 500 µs gesteigert werden. Bei den Untersuchungen zeigten sich Oszillationen der Speichereffizienz mit der Speicherdauer. Diese entstanden durch simultane Speicherung der optischen Information in leicht zueinander verstimmten Frequenzensembles, gefolgt von De- und Rephasierung. Dieser Effekt der Dunkelzustandsschwebung konnte erstmals in einem Festkörper nachgewiesen werden und schließlich mittels geeigneter, schwacher Magnetfelder kontrolliert bzw. unterdrückt werden. Hierdurch wurde die Speichereffizienz über die gesamte Speicherzeit maximiert. Auch wurde erstmals die EIT-getriebene Bildspeicherung in einem Festkörper implementiert. Im Vergleich zur EIT-Bildspeicherung in Gasen, die durch atomare Diffusionsprozesse gestört wird, konnte die Speicherdauer sowie die Speicherkapazität in diesen ersten Experimenten bereits um mehr als einen Faktor 40 erhöht werden. Eine Abschätzung auf Basis des ermittelten Speichergebietes lässt eine vierstellige Zahl von Speicherpunkten in einem einzigen Kristall realistisch erscheinen.

Zur weiteren Erhöhung der Speicherkapazität wurde anschließend die EIT-Bildspeicherung mit Multiplexing-Verfahren aus der klassischen Holographie kombiniert. Dazu wurde das spektral selektive Frequenzmultiplexing, welches auf der Speicherung von Information in verschiedenen Frequenzklassen (Ensembles) von Ionen beruht, sowie das räumlich selektive Winkelmultiplexing, das Prinzipien der Phasenanpassung zur Kontrolle der Richtung des emittierten Signalpulses nutzt, eingesetzt. Die Multiplexing-Verfahren erlaubten die simultane Speicherung von Bildern mittels EIT im selben Kristallvolumen. Ebenso wurden beide Techniken miteinander kombiniert, um die Speicherkapazität weiter zu erhöhen.

Im wichtigsten Teil der Arbeit sollten sehr lange EIT-Speicherzeiten durch Kontrolle und Unterdrückung von Dekohärenzprozessen mittels statischer und hochfrequenter Magnetfelder erreicht werden. Hierzu wurde ein supraleitendes Spulensystem entwickelt. Durch geeignete statische Felder kann die Hyperfeinstruktur (HFS) der Pr³⁺-Ionen so manipuliert werden, dass Übergänge entstehen, die in erster Näherung insensitiv gegenüber äußeren Einflüssen sind. Bei diesen ZEFOZ-Konfigurationen lassen sich daher deutlich erhöhte Kohärenzzeiten bzw. EIT-Speicherzeiten erzielen. Allerdings bewirken die statischen Magnetfelder aufgrund des Zeeman-Effekts eine erheblich komplexere Niveaustruktur als im feldfreien Fall. Um diese zu charakterisieren, wurde die Raman-Heterodyn-Spektroskopie (RHS) implementiert. Hiermit konnte die aufgespaltene HFS mit sehr hoher Präzision vermessen werden. Die optimale ZEFOZ-Konfiguration wurde durch ein automatisiertes Verfahren auf Basis von Spinecho-Messungen ermittelt, welches eine direkte Charakterisierung von Kohärenzzerfällen ermöglicht. Durch die ZEFOZ-Technik konnte so eine Steigerung der Kohärenzzeit von 500 µs um fast drei Größenordnungen auf 392 ms erzielt werden. Der ZEFOZ-Charakter der gefundenen Feldkonfiguration wurde mittels der RHS verifiziert.

Anschließend wurde die dynamische Dekohärenzkontrolle (DD) genutzt, um die Kohärenzzeit noch weiter zu verlängern. Hierbei wurden die Pr³⁺-Ionen durch schnelle Folgen von hochfrequenten Magnetfeldpulsen (bis zu 20000 pro Sekunde) effektiv von der Umgebung entkoppelt. Dadurch konnte die Kohärenzzeit bis in den Bereich von einer Minute gesteigert werden. Dies stellt die längste je gemessene Kohärenzzeit in Pr³⁺:Y₂SiO₅ dar und erreicht die Zeitskala der natürlichen Lebensdauer von 100 s, die das ultimative Limit im dotierten Kristall definiert.

Schließlich wurden ZEFOZ-Technik und DD auf die EIT-getriebene Licht- und Bildspeicherung in Pr³⁺:Y₂SiO₅ angewandt. Aufgrund der Komplexität der Zeeman-aufgespaltenen HFS war eine einfache Präparation des Mediums für EIT nun nicht mehr möglich. Daher wurde auf ein Verfahren zurückgegriffen, welches ursprünglich im Bereich der Ultrakurzpulsphysik zur selbstoptimierenden Pulsformung entwickelt wurde. Ein evolutionärer Algorithmus (EA) sucht auf Basis biologischer Prinzipien nach einem optimalen Präparationspuls für die Lichtspeicherung. In den hier durchgeführten Experimenten wurde ein EA erstmals zur Präparation einer komplexen, Magnetfeld-aufgespaltenen und inhomogen verbreiterten Niveaustruktur angewandt. Die gefundene Pulssequenz ermöglichte die Lichtspeicherung und konnte qualitativ durch Simulationen erklärt werden. Um die Lichtspeicherdauer zu verlängern, wurde schließlich die DD eingesetzt. Die erreichte Speicherdauer von über 40 Sekunden stellt die längste je gemessene EIT-Speicherzeit dar. Zusätzlich konnte die EIT-Bildspeicherung auf diesen makroskopischen Zeitskalen demonstriert werden. Dies übertrifft vorherige Implementierungen der EIT-getriebenen Bildspeicherungen um über sechs Größenordnungen.

Alternative Abstract:
Alternative AbstractLanguage

This thesis deals with light storage via electromagnetically induced transparency (EIT) in a rare-earth-ion-doped crystal. EIT is a quantum interference effect which enables precise manipulation of the linear and non-linear optical properties of quantum systems. Besides allowing cancellation of absorption EIT also permits the preparation of media in a state of highly anomalous dispersion. This led to the surprising effects of "slow" and "stored light" which are nowadays well established techniques in the field of optical quantum-state storage. The main goal of the work reported in this thesis is the implementation of an EIT-driven memory for coherent light pulses with enhanced storage capacity and extremely long storage durations.

The experiments were performed in a special kind of solid - a yttrium orthosilicate crystal doped with praseodymium ions (Pr³⁺:Y₂SiO₅). This medium offers the advantages of free atoms, i.e. spectrally narrow transitions and reduced interactions, while also providing high optical densities, good scalability and easy handling. Moreover, the absence of atomic diffusion in the solid medium allows spatially localized storage of large amounts of optical data.

In the first experiments to prolong the storage duration radio frequency magnetic pulses inverted varying phase evolutions of atomic coherences, which were initially prepared by the EIT light storage process. This extended the storage duration Δt from the pure dephasing time Tᵈᵉᵖʰ ≈ 10 µs to the coherence time T₂ ≈ 500 µs. These investigations revealed prominent oscillations of the storage efficiency versus the storage duration. The light storage process took place in nearly degenerate level systems. This led to constructive and destructive interference of the atomic coherences which were finally mapped on the restored light field. This "dark state beating" was observed for the first time in a solid. By application of weak magnetic fields the oscillations could be controlled and finally completely suppressed which led to a maximized efficiency for each storage duration.

Chapter 5 reports of investigations on three different techniques to extend the storage capacity of the EIT-driven memory. The storage of light pulses with imprinted image information increased the storage density compared to all former experiments on EIT-driven image storage by more than a factor of 40. The presented results represent the first implementation of this concept in a solid. Next, two techniques from classical holography were adapted to EIT-driven light storage. First, frequency multiplexing by EIT relies on simultaneous storage of light pulses in different ensembles of the inhomogeneously broadened medium. Second, angular multiplexing utilizes the phase matching of the applied laser fields to store information under different angles into the crystal. Both multiplexing techniques were implemented and combined with image storage. Moreover, a combination of both multiplexing techniques was demonstrated. This again increased the storage capacity of the EIT-driven memory.

The storage time in EIT-driven light storage is typically limited by decoherence. This obstacle can be overcome by application of external magnetic control-fields. For specific static magnetic fields, hyperfine transitions can be found whose transition frequency is - to first order - insensitive to external fluctuations. At such zero first order Zeeman shift (ZEFOZ) configurations, considerably longer coherence times of the relevant hyperfine-transitions can be observed. However, due to the Zeeman effect the external magnetic field also splits the levels and leads to a significantly more complex level structure. Hence, the medium was characterized by Raman heterodyne spectroscopy (RHS) with very high resolution. The optimal ZEFOZ-configuration was then determined by an automated search based on spin echo techniques. This procedure increased the coherence time from T₂ ≈ 500 µs to T₂ᵒᵖᵗ = 392 ms. The ZEFOZ-character of the determined transition was verified by means of RHS. Finally, by decoupling the relevant quantum system from residual noise the coherence time was further extended. This technique - known as dynamical decoupling (DD) - relies on a sufficiently fast driving of the system such that perturbations of the environment are averaged out. The obtained T₂-time of one minute represents the longest coherence time ever measured in Pr³⁺:Y₂SiO₅.

The last chapter discusses applications of these magnetic field techniques to the EIT light storage protocol. As the Zeeman effect splits all levels, a simple analytic preparation of the medium is not possible anymore. Hence a technique, originally developed in ultra-short pulse physics, based on self-learning pulse shaping was applied. An evolutionary algorithm (EA) imitated the principles of evolutionary biology to efficiently search for an optimized preparation sequence prior to a light storage experiment. In this work an EA was applied to such a complex, Zeeman-splitted and inhomogeneously broadened level structure for the first time. The EA found a solution, i.e. an optimized preparation pulse sequence which enabled light storage at ZEFOZ-conditions. The effect of the optimized pulse on the medium could be explained by comparison with numeric simulations.

The final step towards extremely long light storage times relied on dynamical decoupling via RF driving pulses. By application of 20000 π-pulses per second, the EIT-storage time could be extended above 40 seconds. This represents the longest ever observed storage duration in any EIT experiment and any medium. The storage duration approaches the ultimate time scale of the population lifetime of the relevant hyperfine states of T₁ ~ 100 s. To demonstrate the full potential of the presented concept, the experiment on long-term light storage was finally combined with image storage. Even after one minute the images could be retrieved with high contrast and no observable degradation of their structure. This outperforms all former experiments on EIT-driven image-storage with maximal storage durations in the range of 10 µs by more than six orders of magnitude.

English
Uncontrolled Keywords: optische Datenspeicherung, elektromagnetisch induzierte Transparenz, EIT, gestopptes Licht, gespeichertes Licht, Quantenspeicher, Seltene Erden, Praseodym, dotierter Kristall, spektrales Lochbrennen, Rephasierung, Dunkelzustandsschwebung, Bildspeicherung, Frequenzmultiplexing, Winkelmultiplexing, Raman-Heterodyn-Spektroskopie, Spinechos, Magnetfeld, Hyperfeinniveaus, Zeeman-Spektrum, ZEFOZ, dynamische Entkopplung, dynamische Dekohärenzkontrolle, Dekohärenz, Kohärenzzeit, evolutionärer Algorithmus, genetischer Algorithmus, Pulsformung, Laser
Alternative keywords:
Alternative keywordsLanguage
optical data storage, electromagnetically induced transparency, EIT, stopped light, stored light, quantum memory, rare earth, praseodymium, doped crystal, spectral hole burning, rephasing, dark state beating, image storage, frequency multiplexing, angular multiplexing, Raman heterodyne spectroscopy, spin echoes, magnetic field, hyperfine levels, Zeeman spectrum, zero first order Zeeman shift, ZEFOZ, dynamical decoupling, decoherence, coherence time, evolutionary algorithm, genetic algorithm, pulse shaping, laserEnglish
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-36866
Classification DDC: 500 Science and mathematics > 500 Science
500 Science and mathematics > 530 Physics
Divisions: 05 Department of Physics
05 Department of Physics > Institute of Applied Physics
Date Deposited: 06 Dec 2013 10:58
Last Modified: 09 Jul 2020 00:33
URI: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/id/eprint/3686
PPN: 386312214
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