‚Deutsch‘ als kunsthistorische Kategorie : Zur sprachlichen Prägung nationaler Identität in deutschen Kunstgeschichten
‚Deutsch‘ als kunsthistorische Kategorie : Zur sprachlichen Prägung nationaler Identität in deutschen Kunstgeschichten
„Wer bin ich?“ Antworten auf diese unscheinbare Frage werden gemeinhin unter dem Schlagwort ‚Identität‘ zusammengefasst.2 Mit ‚Identität‘ wird also eine offene Klasse von Aussagen benannt, die alle eines gemeinsam haben: Sie erwachsen aus einem Akt der Selbstbeschreibung des Einzelnen. In der Regel greift man dazu auf gesellschaftliche Rollenmodelle zurück, die dann individuell ausgestaltet werden, indem man Übereinstimmungen und Abweichungen vom jeweiligen Prototypen verzeichnet. Eines dieser Modelle ist das des Zugehörigen zu einer Nation: „Wer bin ich? Ich bin Deutscher!“ Die Geschichte dieses Selbstzuschreibungsmusters ist bekannt: Es gewinnt im Zuge der nationalen Emanzipationsbewegung des 19. Jhs. zunehmend an Bedeutung, wird im 20. Jh. mit den bekannten Folgen nationalsozialistisch aufgeladen und verschwindet nach 1945 im Untergrund. Erst in der jüngsten Vergangenheit werden nationale Zuschreibungsfiguren im Zuge einer an der Globalisierung orientierten Perspektive – gleichsam als Regionalismus zweiter Ordnung – wieder gesellschaftsfähig.

