Anforderungsspezifische Einstellung des Eigenspannungszustands in der Kaltmassivumformung
Anforderungsspezifische Einstellung des Eigenspannungszustands in der Kaltmassivumformung
In der metallverarbeitenden Industrie werden Eigenspannungen bislang aufgrund ihrer negativen und insbesondere schwerwiegenden Einflüsse auf Bauteileigenschaften als Störgröße betrachtet. Daher ist es gängige Praxis, Gegenmaßnahmen zur Eigenspannungsbegrenzung zu ergreifen. Überwiegend wird eine Nachbearbeitung durch eine Wärmebehandlung oder eine mechanische Oberflächenbearbeitung abzielen. In der vorliegenden Arbeit wird ein drastischer Paradigmenwechsel bei der Herstellung von achsensymmetrischen kaltfließgepressten Bauteilen angestrebt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Leistungsfähigkeit dieser Komponente durch eine bewusste, anforderungsspezifische und systematische Optimierung ihres Spannungszustandes zu verbessern. Dieser Prozess wird als „Maßgeschneidertes Eigenspannungsdesign“ (engl. Tailored Residual Stress Design) bezeichnet. Achsensymmetrische Kaltumformprozesse bieten aufgrund ihrer Beschaffenheit besondere Möglichkeiten zur Eigenspannungsanpassung und zur analytischen Beschreibung der zugrundeliegenden Phänomene. Für zwei Mechanismen der Spannungsüberlagerung erfolgt eine Definition sowie eine neuartige analytische Modellierung. Diese sind die Teil- und Vollumformung. Diese neuen Erkenntnisse werden auf das Voll-Vorwärts Fließpressen angewandt. Zwei Systeme zur selektiven Steuerung des Spannungszustands während des Umformprozesses werden für das Voll-Vorwärts Fließpressen entwickelt. Die Eigenspannungen können durch den Einsatz eines Gegenstempels während der Hauptumformung oder durch die Steuerung der Matrizenvorspannung während der Ausstoßphase kontrolliert werden. Beide Strategien werden durch FE-Simulationen untersucht und experimentell durch Röntgenbeugung und qualitative zerstörende Messmethoden validiert. Experimentell lässt sich zeigen, dass die hergestellten Teile deutlich bessere Eigenschaften hinsichtlich ihrer Dauerfestigkeit sowie ihrer Korrosionsbeständigkeit aufweisen. Zusätzlich wird auch eine Vermeidung von Verzug festgestellt Schließlich wird die Kombination der beiden Strategien numerisch untersucht. Es zeigt sich, dass das Spektrum des erreichbaren Eigenspannungsprofils durch eine gezielte Steuerung der Teil- und Vollumformung erweitert werden kann. Auf der Grundlage der Simulationen wird ein analytisches Tool für die direkte Korrelation von steuerbaren Eingangsparametern und Endspannungszuständen erstellt. Dies bietet die Grundlage für die Realisierung einer systematischen anforderungsspezifischen Anpassung des Eigenspannungszustands während der Produktion.
In the metalworking industry, residual stresses are tipically regarded as a disturbance variable due to the negative, serious influences that they may have on component properties. Therefore, it is common practice to implement countermeasures aimed at their limitation through post-processing operations such as heat treatments or mechanical surface processes. In the present work, a drastic paradigm shift in the manufacturing of axissymmetric cold extruded components is aimed. The objective of this strategy is to improve the performance of these parts through a controlled, requirement-specific and systematic optimization of its stress state. This process is referred to as “Tailored Residual Stress Design”. Due to their nature, axisymmetric cold forming processes offer special opportunities for residual stress tailoring and analytical description of the underlying phenomena. Two mechanisms of stress superposition are defined and described through a novel analytical model: partial and full forming. These new findings are applied to full forward extrusion, for which two systems for selective control of the stress state during the forming process are developed. The residual stresses can be controlled through the use of a counter punch during the main forming, or through the control of the die preload during ejection. Both strategies are investigated by FE simulations and experimentally validated by X-ray diffraction and qualitative destructive measurement methods. Experimentally, it can be shown that the produced parts have significantly better properties in terms of fatigue strength, corrosion resistance and avoidance of distortion. Finally, the combination of the two strategies is investigated numerically. It is shown that the range of achievable residual stress profile can be extended by selective control of partial and full forming. Based on the simulations, an analytical tool for direct correlation of controllable input parameters and final stress states is created. This provides the basis for the realization of a systematic requirement-specific adaptation of the residual stress state during manufacturing.

